Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Auf Borkum gibt es nach neusten Erkenntnissen keine Übermenschen. Nur übermüdete Einheimisch am Ende der Saison.

Notfall-Nudeln auf Borkum

Wo soll ich anfangen nach acht Tagen auf Borkum? Vielleicht mit einer Entschuldigung, wenn sie denn angebracht wäre. Urlaub bedeutet bei mir auch immer, stellvertretend für tägliche Blogeinträge mit einer Kurzgeschichte aufzuwarten, die die Lücke meiner Abwesenheit füllen soll. Mir verschafft das im Urlaub etwas Luft, weil ich die täglich Routine durchbreche. Auf der anderen Seite bedeutet es im Vorfeld etwas Stress, denn die Kurzgeschichte muss geplant und geschrieben werden.

Diesmal befand ich mich allerdings in einem Zustand der völligen Blockade, sodass ich mich bei mir selber bedient habe — ein weiteres Fragment auf dem unveröffentlichten Roman „Eifelclub“. Man sehe es mir bei Nichtgefallen nach.

Kommen wir aber zu den Nudeln. Ähnlich wie die Urlaubskurzgeschichte hat es mittlerweile Tradition, dass meine Frau und ich für den ersten Abend auf der Insel sogenannte Notfall-Nudeln mitnehmen. Tomatenmark, eine selbstgemachte Gewürzmischung (aus Gründen) und Spaghetti. So sind wir dann auch dann versorgt, wenn es mit der AG EMS mal wieder etwas länger dauert. Bezüglich der Bahn-Anreise haben wir ja vor zweieinhalb Jahren das Problem anders gelöst.

Normalerweise sind die Notfall-Nudeln eine sichere Bank. Diesmal wollen wir uns etwas besonders Gutes gönnen und hatten Spaghetti von Alnatura dabei — immerhin ökotest 02/2021 sehr gut.

Sensorische Katastrophe

Es ist natürlich nur meine persönliche Meinung, aber ich zweifle stark das Testurteil an. Worauf bezieht sich das? Auf die Abbaubarkeit der Verpackung? Oder dass diese keine schädlichen Farben enthält? Ich für meinen Teil halte die Spaghetti No. 3 von Alnaturafür eine absolute Katastrophe. Ehrlich, so schlechte Spaghetti habe ich in meinem ganzen bisherigen Leben noch nicht gegessen. Schon beim Kochen roch es irgendwie nach Fisch, was eigentlich nicht sein kann und sollte. Trotz Kochzeit für al dente waren die Spaghetti am Ende schleimig-weich. Gute Zutaten aus Bioanbau nützen nichts, wenn man daraus ein Produkt kreiert, was völlig misslungen ist. Im Übrigen, es waren nicht die Dinkel-Spaghetti, die vom Hersteller im vergangenen Jahr zurückgerufen werden mussten.

Es sollte aber nicht bei dieser einen Enttäuschung auf Borkum bleiben. Für Übermenschen hielten sich die Nationalsozialisten, der Begriff taucht aber auch in der Einzahl bei Friedrich Nietzsche auf, der damit einen Idealmensch skizzierte. Mit den Büchern von Nietzsche beschäftigte ich mich in meiner Jugend, aber das nur am Rande. Was die Nazis angeht, brachten sie Übermenschen und Herrenmenschen etwas durcheinander. Das aber auch nur am Rande.

Wir bleiben allerdings bei Büchern und bei Nazis, wenn wir auf den neusten Roman von Juli Zeh zu sprechen kommen. Nach ihrem Erfolg mit „Unterleute“ trägt das jüngste Werk den Titel „Über Menschen“. Getrennt geschrieben, aber zusammen gedacht, also eben Übermenschen. Und natürlich taucht im Roman auch ein Nazi auf.

Enttäuscht von Übermenschen

Sagen wir es mal so. Den Roman Unterleuten von Julie Zeh habe ich verschlungen. „Neuhjahr“ halte ich nach wie vor für großartig. Was Übermenschen, Verzeihung, „Über Menschen“ angeht, kann ich nur wenig berichten. Lediglich bis Seite 45 (keine Anspielung) habe ich durchgehalten. Danach konnte ich einfach nicht mehr weiterlesen. Mir ist egal, was auf den folgenden Seiten noch passiert. Ob die Handlung Fahrt aufnimmt und endlich das flache Gewässer hinter sich lässt.

Die ersten Seiten sind meiner Meinung nach einfach nur eine entsetzliche Aneinanderreihung von Klischees. Schlimmer noch, in der Figur von Dora findet sich (zumindest auf den ersten 45 Seiten) einiges von der Autorin in Bezug auf die Corona-Pandemie wieder. Menschen, die aus berechtigten Gründe Corona ernst genommen haben und ernst nehmen, werde dagegen mit der Figur Robert mit ihren Ängsten ins Lächerliche gezogen.

Selbstverständlich haben Autor:innen auch das Recht auf eine eigene Meinung und dürfen die auch literarisch verarbeiten. Gleichfalls habe ich aber auch das Recht, ein schlechtes Buch als solches bezeichnen zu dürfen. Dass dabei eine andere Meinung vertrete als Literaturkritiker wie Dennis Scheck, ist mir herzlich egal. Auch ohne den gesellschaftspolitischen Hintergrund bleibt Zeh mit „Über Menschen„ weit hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurück.

Ach ja, am Rande sei noch erwähnt, dass Zeh auch zu den Unterzeichner:innen des Offenen Briefs an Bundeskanzler Olaf Scholz gehörte. Jenem Brief, der sich lautstark für einen Stopp der Waffenlieferung an die Ukraine aussprach.

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