Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gute Science Fiction ist Kunst. Zu einer packenden Story gehört immer auch ein guter Schreibstil. An beiden scheitert Der letzte Tag der Schöpfung.

VHS-Kassette war gestern

Zugegeben, es gab in meinem Leben ein sehr lange Phase, an dem ich alles, wirklich alles was mir an Science Fiction Romane in die Hände gefallen ist, gelesen habe. Gut, ich will ehrlich sein. Das ganze Perry Rhodan Zeug fand ich damals schon abschreckend. Ansonsten war ich ziemlich schmerzfrei. In meiner Kindheit und Jugend habe ich auch mich häufiger im Antiquariat eingedeckt oder aber mit gelben SF-Bänden im Supermarkt, die auf dem Grabbeltisch für eine Mark angeboten wurden.
Im Studium bin ich dann später den Warhammer 40k-Roman verfallen. Die waren für mich wie so eine VHS-Kassette. Reinschreiben, Kopf abschalten und einfach von der Handlung tragen lassen. Billigste Schiene ohne viel Anspruch, aber zu Entspannung ganz gut. Mittlerweile bin ich (wieder) deutlich anspruchsvoller geworden. Wenn ich Science Fiction Romane lese, dann sollen sie auch nicht unter ein gewisses Niveau fallen. Ziemlich gut gefallen mir in dieser Hinsicht die Romane von Andreas Brandhorst. Und nicht nur mir. Meine Frau hat aktuell „Das Erwachen“ auf dem Nachtisch liegen — auch von Andreas Brandhorst.

Der letzte Tag der Schöpfung

JohannesW / Pixabay

Der letzte Tag der Schöpfung

Kommen wir aber zum dem Werk, was ich gestern Abend zu Ende gelesen habe. Die Neuauflage eines angeblichen Klassikers von Wolfgang Jeschke, Die letzten Tage der Schöpfung. Liest man sich durch, von wem das Buch alles hoch gelobt wird, geht man mit enormen Erwartungen an das 320-Seiten Buch heran. Andreas Eschbach hält es für einen fulminanten Roman. Frank Schätzing spricht von einem grandiosen Buch. Nach dem ich e jetzt zu Ende gelesen habe, orientiere ich mich in meiner Bewertung eher an einem Rezenten bei amazon: für die Idee gibt es einen Trostpreis.
Alles andere ist unterirdisch, angefangen vom schlampigen Lektorat.
Fangen wir aber von vorne an, genauer gesagt mit dem Vorwort — von Frank Schätzing. Ehrlich, Vorworte in einem Roman finde ich überflüssig. Ein Vorwort im Roman mit Spoilern zum Inhalt, so wie Schätzing es abgeliefert hat, finde ich extrem ärgerlich. Wer immer das Buch trotz meiner Einschätzung lesen will, tut sich einen großen Gefallen, wenn er die Seiten mit dem Vorwort aus dem Buch entfernt. Wirklich besser wir Der letzte Tag der Schöpfung dadurch aber leider auch nicht. Ja die Idee ist originell. Ein Zeitreise von Navy und NASA 5 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit, um den Saudis das Öl unter dem Hintern weg zu pumpen. Die Umsetzung der Idee ist aber eine Katastrophe.

Überschätzer Autor

Meiner Meinung nach sind Autor und Werk maßlos überschätzt. Der Schreistil ist gewöhnlich. Die Handlung besteht aus Versatzstücken. Es gelingt Jeschke nicht, plastische Landschaftsbeschreibungen zu liefern. Sein größtes Problem jedoch sind die Figuren. Klischeehaft und zweidimensional, dazu kommt noch ein merkwürdiges Frauenbild. Entschulden lässt sich das alles nicht mit dem Alter des Buches. Man muss sich nur mit wenigen der vielen Romane und Geschichten von Philip K. Dick beschäftigen, um das zu erkennen.
Wirklich zutreffend ist in jedem Fall das, was Schätzing im Vorwort schreibt. Man kann Der letzte Tag der Schöpfung wirklich in einem Tag durchlesen. Hat aber dann genau das gleiche unbefriedigende Gefühl, als hätte man einen Big Mac gegessen.

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