Lesetechnisch geht es derzeit mit einem Roman eher schleppend voran, deswegen habe ich das Format gewechselt. Der letzte Regent ist für mich eine Video-Kasette.
Bücher als Video-Kasette
Anfang April, vor dem Literaturcamp in Bonn, fing ich mit dem Roman „4 3 2 1“ von Paul Auster an. Nach wie vor bin ich noch dabei. Es ist ein umfangreiches Buch, auf jeden Fall. Zudem gibt es manche Szenen, die ich etwas länger verdauen muss. Mit anderen Worten, es schleppt sich etwas hin — was aber eher an mir und nicht am Buch selber liegt. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb ist es frustrierend, da mein normales Lesetempo ein anderes ist.
Vor einer Woche beschloss ich daher, das Buch von Auster vorübergehend zur Seite zu legen und mir zwei bis drei Videokassetten (oder vielleicht auch mehr) zu gönnen. Videokassetten? Das muss ich erklären. Es gibt Romane im Bereich der Belletristik, die lese ich wie andere Menschen File schauen. Für mich es genau das Gefühl. Mein Gehirn abschalten zu können und einfach einzutauchen in eine fantastische Welt.
Fantastische Welten und Weiten
Fantastische Welten sind dann genau das Schlüsselwort. Nach wie vor habe ich eine gewisse Neigung zu Fantasy und Science Fiction Romanen, gerne auch solche, die ein Feuilleton-Journalist nicht mal mit Handschuhen anfassen würde. Ich liebe es, unterhalten zu werden. Ich liebe Bücher, die wie Filme sind und mich in einen Rausch der Geschwindigkeit versetzen. Die so geschrieben sind, dass man manchmal sogar über Zeilen springt, weil die Handlung so rasant ist. Einer Achterbahnfahrt gleich — obwohl ich aus guten Gründen niemals mehr eine Achterbahnfahrt antreten würde.
Der Roman von Andreas Brandhorst, „Der letzte Regent“, ist so eine Videokassette. Man fängt das Buch an und legt es erst dann wieder aus der Hand, wenn man es zu Ende hat. Oder einem vor lauter Müdigkeit die Augen zu fallen. Ein Buch, dass die Gefahr birgt, die Haltestelle zu verpassen.
Der letzte Regent — die Handlungsabriss
Inhaltlich wird in „Der letzte Regent“ das ganz große Rad gedreht. Es nicht um kleine Probleme, sondern um ein galaktisches Imperium. Die Menschheit gegen eine wie immer böse Alien-Rasse, dazwischen abtrünnige Menschen, die sich mit den Feinden verbünden. Der Verlag beschreibt auf der Seite zum Buch den Inhalt von „Der letzte Regent“ wie folgt:
Bereits seit über zweitausend Jahren kämpft das Endurium, ein Bündnis aller Menschenwelten, gegen die außerirdischen Ayunn. Als der fünfhundertjährige Regent des Enduriums stirbt, soll der Chronist Xavius herausfinden, wer hinter dem gewaltsamen Tod des Herrschers steckt. Doch schnell entbrennt ein schmutziger Machtkampf um die Nachfolge des Regenten, und Xavius gerät zwischen die Fronten.
Wirklich informativ sieht anders aus. Man bekommt hier lediglich die Ahnung, eine Space-Opera in den Händen zu halten.
Wiederkehrendes Motiv
Zugegeben, es ist nicht mein erstes Buch von Andreas Brandhorst und es wird auch nicht mein letztes sein. Ähnlich wie bei John Irving Bären, Catchen und das Schreiben wiederkehrende Motive sind, gibt es auch in den Romanen von Brandhorst wiederkehrende Motive. Fast könnte man meinen, es wäre so eine persönliche Idee von Brandhost, sich mit der Möglichkeit der Unsterblichkeit zu beschäftigen. Sie taucht auf in „Kinder der Ewigkeit“, „Das Artefakt“ und eben auch in „Der letzte Regent“. Wobei im letzteren Roman das Konzept der Unsterblichkeit ziemlich interessant ist und vor allem auch die Handlung dominiert.
Das Endurium wird angeführt von den Morti — Menschen, die gestorben sind um unsterblich zu sein. Sie können schneller und besser denken als die Vita, die sterblichen Menschen. Sie sind quasi die gestorbenen Anführer, den von geborenen kann man in diesem speziellen Fall nicht sprechen. Kalt kalkulierend, die Logik tritt an die Stelle der Gefühle.
Herrschaft der Morti
Der Regent und alle Morti sind miteinander verbunden, wobei der Regent im Zentrum steht und alles miteinander verbindet und zusammenhält. Nur eher kennt die tiefsten Geheimnisse der Menschheit und weiß als einziger, was es mit ZORN auf sich hat. Er ist, der den wahren Grund des Konflikts mit den Ayunn kennt.
Auch wenn die Morti gestorben sind um unsterblich zu sein, können sie dennoch endgültig getötet werden. Genau das passiert dem Regenten gerade in einer für die Menschheit besonders kritischen Phase. Die dritte Invasion der Ayunn steht bevor, schwierige Verhandlungen mit den abtrünnigen Bewohnern der so genannten Splitterwelten.
Der Regent wurde ermordet, das Endurium droht auseinander zu brechen. Der Chronist Xavis V Xavius (das V steht für Viti, also ein Sterblicher) wird mit der Aufklärung des Verbrechens beauftragt, bevor er selber zum Hauptverdächtigen wird.
Großes Kino
Würde man versuchen alle die künstlichen, fremdartige Begriffe von Andreas Brandhorst in seinem Roman „Der letzte Regent“ zu verstehen, würde einem vermutlich der Kopf platzen. Man muss sie aber gar nicht verstehen, sie dienen einfach dazu, das Flair zu erzeugen. Ein unbekannte Zukunft, ein Science Fiction Setting, was seinen Reiz aus der Fremdartigkeit bezieht. Genau das ist es auch, was den Roman so großartig macht. Wenn man am Ende zurückblickt, alle Handlungsfäden zusammen gelaufen sind, gibt es noch mal ein großen Aha-Moment. Man klappt das Buch zu, dankt innerlich Andreas Brandhorst, dran teilhaben zu dürfen und freut sich auf den nächsten Roman von ihm.
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