Das Thema Inklusion ist ein heißes Eisen. Schnell kochen die Gemüter über, eine sachliche Betrachtung der Fakten unterbleibt im Eifer des Gefechts.
Nicht ganz neutral
Zugegeben, was das Thema Inklusion angeht, bin ich nicht ganz neutral. Das liegt an meiner Frau, die Lehrerin an einem Kölner Gymnasium ist und die Umsetzung der politisch gewollten Inklusion ausbaden muss. Nicht falsch verstehen, wir halten beide die Inklusion grundsätzlich für eine gute Idee. Wir halten es aber nicht für vertretbar, wenn sie in der Praxis so aussieht, dass in einer Klasse mit 30 Schülerinnen und Schüler drei bis vier Kinder sind, die verhaltensauffällig oder behindert sind. Nicht vertretbar, weil die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse bereits ehedem viel zu hoch ist. Nicht vertretbar, weil es weder eine zusätzliche Qualifikation für die Lehrkräfte gibt noch zusätzliches Personal.
Was stattfindet, ist eine Überforderung — der Lehrkräfte, der Schülerinnen und Schüler und der Kinder mit zusätzlichem Förderbedarf. Im Ergebnis bleiben alle auf der Strecke, was wohl kaum im Sinne der Idee sein dürfte.
Klage gegen Inklusion
Heute morgen stolperte ich über einen Zeitungsartikel, in dem über die Klage eines Bremer Gymnasium berichtet wurde. Das Gymnasium Horn wehrt sich gegen die Aufnahme behinderter Schüler heisst es reißerisch. Schaut man genau hin und liest sich etwas in die Materie ein, geht es nicht lediglich um die Aufnahme von Behinderten — geben wir es zu, wir alle haben immer sofort den sympathischen Rollstuhlfahrer vor Augen. Es geht um zum Teil schwer geistig Behinderte Schülerinnen und Schüler.
Ganz ehrlich: ich kann die Schule und ihre Klage verstehen. Nicht nur das, ich bin auch auf ihrer Seite. Meiner Meinung nach sind Menschen mit geistiger Behinderung in unserem derzeitigen Schulsystem fehl an einem Gymnasium.
Sie erfüllen, wie die Schuldirektorin zu Recht anführt, nicht das Anforderungsniveau. Darüber hinaus darf man Schulen mit der Inklusion nicht alleine lassen. Aussage wie etwa aus der Bremer Fraktion der Grünen, dass Inklusion eine verbindliche Aufgabe der Schulen sei, sind unangemessen. Es ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.
Schule für alle
Ich persönlich halte es für falsch, ein an sich im Kern bereits marodes Bildungssystem mit zusätzlichen Aufgaben weiter zu überfordern. Das geht nicht gut, es senkt nur weiter die Qualität. Inklusion kann gelingen, wenn man das gesamte Bildungssystem neu denkt und umbaut. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht nur politischen Willen, sondern auch den der Eltern erfordert. Das derzeitige dreigliederige Schulsysteme steht zukünftigen Aufgaben genau so im Weg wie etwa die Klassengröße, zunehmender Anteil an Privatschulen und eine Lehrerausbildung, die schon längst überholt ist.
Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan der Laborschule in Bielefeld bin. Leider ist es aber auch kein Geheimnis, dass solche Bildungseinrichtungen mehr Geld kosten als die bisherigen „Lehranstalten“. An Bildung aber wird in Deutschland gerne gespart. Im europäischen Durchschnitt liegt Deutschland bei den Ausgaben für Bildung gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf dem siebten Platz — von hinten. Weiter abgeschlagen sind nur noch Slowakei, Spanien, Italien, Bulgarien, Irland und Rumänien. In Dänemark gibt man rund 7 Prozent aus, in Deutschland sind es 4,2 Prozent.
Eine Antwort