Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Vor dem Licht der Aufklärung leuchteten in Europa die Feuer der Hexenverbrennung. Offensichtlich halten sich ein paar unserer Vorstellungen hartnäckig.

Humor made in Germany

Laut dem Statistischem Bundesamt waren 2022 Autos und Fahrzeugteile das wichtigste Exportgut Deutschlands. Auf Platz zwei Maschinen. Nach wie vor ist in dem Bereich „Made in Germany“ eine Qualitätsauszeichnung, an dem auch der Dieselskandal nichts geändert hat.

Es gibt allerdings auch Dinge aus Deutschland, die im Ausland eher weniger berühmt sind. Deutsche Küche zum Beispiel. Wo es wirklich talentierte deutsche Köche gibt und hervorragende Restaurants mit heimischer Küche — hierzulande. Besonders schlecht bestellt ist es in Deutschland mit dem Humor. Natürlich lacht man auch in unserem Land. Meistens aber gerne über andere und weniger über sich selber. Humor bewegt sich entweder in Sphären, wo man zum Verständnis eines Witzes mindestens Abitur haben muss. Auf der entgegengesetzten Seite befindet sich das, was man vereinfacht mit dem Label „Mario Barth“ bezeichnen ließe. Die Berufsbezeichnung „Komiker“ sagt allein schon etwas ganz anderes aus als etwa „Humorist“.

Hier in Ostfriesland geht man Gerüchten zufolge zum Lachen in den Keller, was mir persönlich aber deutlich lieber ist als die organisierte rheinische Fröhlichkeit — Stichwort Kommando-Humor.

Jedenfalls, um zum eigentlichen Thema zu kommen, die Süddeutschen Zeitung brachte heute einen Artikel, den man aufgrund des Datums schon eine eigenwillige Komik unterstellen könnte.

Mythos Hexenverbrennung?

Selbst kirchenfernen Menschen dürfte aufgrund des morgigen Tanzverbotes an Karfreitag nicht entgehen, was am Wochenenden ansteht. Es ist Osterzeit. Dazu gehört auch der Brauch der Osterfeuer. Allein für Emden sind 50 Osterfeuer in diesem Jahr angemeldet worden.

Tja, und die Süddeutsche Zeitung bringt dann einen Artikel über Hexenverbrennung. Schon irgendwie schräg. Meine erste Reaktion am Frühstückstisch: Vielleicht sind ja die klassischen Feiertagsthemen wie Hitler und Jesus jetzt doch etwas zu ausgelutscht (und ehedem auch eher ein Fall für den Spiegel). Warum also nicht mal Hexenverbrennung zu Ostern? Neugierig genug fing ich daher an, den Artikel zu lesen.

Aufhänger sind zunächst ein paar Zahlen. So sollen angeblich 13 Prozent aller Deutschen an Hexerei glauben. Damit sind wir immerhin aufgeklärter als etwa Tunesien, wo 90 Prozent der Bevölkerung dran glauben. Zudem muss sich in Deutschland auch niemand mehr vor einer möglichen Hexenverbrennung fürchten, in anderen Ländern kann der Verdacht, eine Hexe oder eine Hexe zu sein, schon mal tödlich enden.

Die SZ beruft sich dabei auf eine Statistik des katholischen Hilfswerkes “Missio“. Und da ist er wieder, der versteckte Humor. Ausgerechnet eine Organisation der katholischen Kirche stellte Untersuchungen zum Hexenwahnsinn an. Jener humorfreie Verein, der mit Inquisition und Hexenverbrennung viel Leid über die Menschen brachte.

Keine Erfolgsgeschichte

Nach den ersten Schenkelklopfer und wenn man das Bild von brennenden Scheiterhaufen überall in Euro aus dem Kopf bekommen hat, erfährt man eine paar sehr interessante Fakten im Artikel. So waren Hexenverfolgung und Hexenverbrennung nicht so eine Erfolgsgeschichte, wie man bisher annahm. Der Mythos hinter der Hexenverfolgung ist größer als das, was der Dominikaner Heinrich Kramer zu seinen Lebzeiten erreichte. So soll sein Buch „Hexenhammer“ auch mehr ein Werk, geschrieben aus Frustration, sein.

Sowohl an geheimen Hexensekte als auch an Hexen als Hüterinnen geheimen vorchristlichen Wissens soll wenig dran gewesen sein. Der Artikel schließt mit der Aussage, dass es eher eine Hexenverfolgung von unten denn von oben, gesteuert durch eine Institution gegeben habe. In jedem Fall ist der Artikel von Niccolò Schmitter lesenswert, nicht nur zu Ostern.

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