Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Mit der Serie For All Mankind hat Apple TV+ eine hervorragende Serie im Programm. Durch aktuelle Entwicklungen bekommt sie eine neue Bedeutung.

Leberwurst-Gerhard

„Spiel jetzt nicht beleidigte Leberwurst!“ — So ein Spruch aus Kindertagen. Wobei ich mir nie erklären konnte, wieso eine Leberwurst beleidigt sein kann. Heutzutage gibt es allwissende Internet und man kann mit wenigen Klicks solche Dinge in Erfahrung bringen. Die Säfte-Theorie des Altertums und die Leber als Quelle des Zorns. Ja, früher hielt man auch Hexenverbrennung für Wissenschaft.

Eine Hexenjagd auf sich wird wohl auch Gerhard Schröder vermuten. Für ihn ist es unverständlich, dass man ihn nicht mehr mag, nur weil er sich nicht von Putin distanziert. Dem Entzug seiner Ehrenbürgerwürde der Stadt Hannover kam er jetzt zuvor — seine Antwort an den Oberbürgermeister von Hannover veröffentlichte er auch bei LinkedIn.

So was wie Einsicht lässt sich nicht in seinem extrem kurzen Brief erkennen. Dafür aber eine Menge Trotz. Wirkt halt leider so, als würde Schröder beleidigte Leberwurst spielen, während sein bester Kumpel aus Russland Krieg spielt. Man mag das eigentlich gar nicht mehr alles glauben. Auch, dass Russland kurz davor ist, einen Weltkrieg vom Zaun zu brechen. Merkwürdigerweise wirkt sich das auf die Wahrnehmung von Serien wie „For All Mankind“ aus.

Patriotismus in For All Mankind

Vor einem Jahr hätte ich über den ganzen US-amerikanischen Patriotismus in der Serie For All Mankind vermutlich nur müde gelächelt. Die Russen mal wieder als Bösewicht, weil die Nazis gerade im Urlaub sind. Durch den Angriffskrieg des russischen Präsidenten auf die Ukraine sieht man die Serie jedoch mit anderen Augen. Es genügt manchmal nur ein Funk, dann nehmen Ereignisse einen verheerenden Verlauf.

Fangen wir aber vor vorne an. Mittlerweile haben sich meine Frau und ich zu Streamingdienst-Hoppern gemacht. Wir nutzen ein Abo so lange, wie wir gutes beim Anbieter finden und kündigen dann, um zum nächsten zu wechseln. Aktuell sind wir bei Apple TV+ und haben gestern die zweite Staffel der Serie For All Mankind zu Ende gesehen.

Dabei spielt For All Mankind in einer leicht veränderten Realität. Die Russen waren als Erste auf den Mond, John Lennon wurde nicht erschossen und ein paar weitere Abweichungen. Daraus wurde ein verdammt guter Stoff. Die Handlung dreht sich um die Anfangsjahre des NASA-Weltraumprogramms. In der leicht veränderten Wirklichkeit wird auf den Mond eine Basis errichtet und Claims abgesteckt. Dabei kommt es, wie es wohl kommen muss.

Missgunst führt zu Krieg

Die USA gönnen der Sowjetunion nicht den Erfolg und versuchen, sie zu übertrumpfen. Der Fund von Wasser und Lithium auf dem Mond führt zu Begehrlichkeiten. Die ersten Rangeleien führen dazu, dass Waffen auf den Mond transportiert werden und da auch zum Einsatz kommen. Die meiste Zeit über überrascht einen For All Mankind mit unvorhersehbaren Wendungen. Gesellschaftliche Themen wie Rassismus und Homophobie werden nicht ausgespart. Die Figuren sind allesamt dreidimensionale und bereichert die Serie mit ihrer Tiefe. Kritiken wie die in der FAZ, For All Mankind wäre lediglich ein plumper Polit-Thriller, kann ich nicht nachvollziehen. Möglicherweise fällt die Kritikerin ja auch in die Schublade von siehe oben.

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