Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Bevölkerung schlägt Warnung vor Hochwasser und anderen Bedrohungen nicht in den Wind. Sie wird allerdings im Katastrophenfall mangelhaft informiert.

Scheuer hat Recht

Noch vor der Bundestagswahl und der hoffentlich endgültigen Ablösung des Bundesverkehrsministers muss ich zumindest einmal Recht geben. Der Mann ist zwar selber ein Katastrophenfall, aber seine Forderung nach der Benachrichtigung der Bevölkerung im Katastrophenfall per Handy ist der richtige Ansatz. Er liegt auch richtig mit der Aussage, dass es bisher am politischen Willen zur Einführung gefehlt hat. Im Grunde ist das Thema nämlich ein alter Hut. Ich selber habe zum Beispiel bereits 2012 über die App KATWARN geschrieben.

Die alternative Idee von anderer Seite, doch einfach neue und bessere Sirenen anzuschaffen, halte ich für den falschen Ansatz. Persönlich würde ich in einem echten Katastrophenfall erstens nicht wissen, was die Signaltöne eigentlich bedeuten und zweitens das Ganze schlicht für eine Übung halten.

Warum also zum Henker nicht einfach eine Scheiß-SMS auf alle Smartphone in Deutschland schicken, wenn Gefahr droht? Aus Datenschutzgründen … — der wiegt also mehr als die ein Menschenleben? Wieder hat Scheue recht, wenn er sagt:

Diese Flutkatastrophe muss ja allen ein Weckruf sein, dass wir jetzt nicht nur die Datenschutz-Diskussion führen, sondern die wirkliche Schutz-Diskussion für die Bürger vor Katastrophen.
Andreas Scheuer, CSU

Ehrlich, ich mag den Mann nicht, aber er trifft es auf den Punkt (und schließlich gibt es ja das Huhn mit dem Korn …).

Kall im Katastrophenfall

Darüber, dass die Behörden rechtzeitig über den Katastrophenfall gewarnt wurde, diese Warnungen aber nicht angemessen weitergeben wurde, denke ich lieber nicht genauer nach. Ebenfalls nicht darüber, ob man alles zentralisieren sollte und die Koordination im Katastrophenfall in einer Hand besser läge.

Auch darüber, ob nicht wenige die durchgesickerten Meldungen einfach nicht ernst genommen haben. Es besteht dringender Handlungsbedarf und im Übrigen ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, darüber zu diskutieren. Andernfalls gerät das viel zu schnell wieder in Vergessenheit. Zumindest bei denen von uns, die die Überschwemmung nur aus dem Fernseher oder der Zeitung kennen.

Bewegt hat mich ein Text des Schriftstellers Norbert Scheuer (meines Wissens nicht verwandt mit dem Bundesverkehrsminister) in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. Er beschreibt die Zerstörung durch das Hochwasser in seinem Heimatort Kall. Seien Romane schätze ich genau so wie auch den Ort, der für meine Frau und mich Start beziehungsweise Zielpunkt zahlreicher Wanderungen in der Eifel gewesen ist. Zu lesen, was alles zerstört wurde und die Bilder vor Augen zu haben, geht an die Nieren.

In Gedanken bin ich auch deshalb bei den Menschen, weil meine Frau und ich lange Zeit überlegt hatten, aus Köln in die Eifel zu ziehen. Letztendlich ist es dann Ostfriesland geworden, aber auch hier bahnt sich das Wasser im Fall des Falles seinen Weg. Daher erwarte ich eine rechtzeitige Warnung per Smartphone. Eine solche Lösung darf nicht wieder zerredet werden.

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