Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Für die Wählerinnen und Wähler ist die CDU als Partei derzeit ohne Reiz. Das hat sie zu hundert Prozent selber zu verantworten.

Werteverlust der CDU

Frühling und Sommer haben ihren besonderen Reiz. Besonders für Asthmatiker und Menschen mit Pollenallergie. Gerötet Augen, Hustenanfällen und das beständige Gefühl, keine Luft zu bekommen. So in etwa muss sich die größte Oppositionspartei im Bundestag wohl auch fühlen. Obwohl seitens der Bundesregierung mit ihrer nicht immer an einem Strang ziehenden Ampelkoalition eine Steilvorlage nach der anderen kommt, kann die CDU keinen Vorteil daraus ziehen. Stattdessen gewinnt die AfD immer mehr in den Umfragen.

Für die CDU ist es ganz klar, wer dran die Schuld trägt. Selbstverständlich die Ampelkoalition. Schließlich ist, wenn man nicht schwimmen kann, die Badehose Schuld. Aus der großspurigen Ankündigung des damals frisch gebackenen neuen Parteichefs der CDU, Friedrich Merz, die AfD zu halbieren ist das Gegenteil geworden.

Dabei ist das Grundproblem der CDU der Verlust ihres eigenen Kompasses als christlich-konservative Partei. In der Süddeutschen Zeitung an diesem Wochenende bringt Nils Minkmar die Krise der Konservativen im Artikel „Lernt von Schwarzenegger“ sehr gut auf den Punkt.

Er thematisiert auch zu Beginn das Schlagerlied Layla, „dessen einziger Reiz darin besteht, dass er angeblich irgendwo verboten wurde“. Warum er ausgerechnet auf dieses Lied kommt, erklärt sich mit Blick nach Schleswig-Holstein.

CDU ohne Reiz für Wähler

Daniel Günther (CDU) wäre nämlich offenbar lieber Puffbesitzer als Ministerpräsident. Zumindest wenn man seine Gesangseinlage.

Ich hab‘ ’n Puff
Und meine Puffmama heißt Layla
Sie ist schöner, jünger, geiler

dahingehend interpretiert. So was öffentlich zu singen, ist nicht volksnah, sondern frauenfeindlich. Eigentlich müsste hier CDU-Chef Friedrich Merz intervenieren. Aber wer eine zusammen gestotterten, fremdenfeindlichen Redebeitrag einer Sportlerin in Polizeiuniform auf einer CDU-Veranstaltung für brillant hält, wird wohl auch mit der Gesangseinlage eines Parteimitglieds keine Probleme haben.

Wobei sich für Merz daraus ein ganz anderer Reiz ergibt. Er muss einfach nur die Füße stillhalten, den Rest erledigt die öffentliche Empörung und er ist auf bequeme Art einen potenziellen Mitbewerber als Kanzlerkandidat los. Merz selber wird sich wohl bei Layla am ehesten mit der Textzeile „das ist mein Laden, mein Revier“ anfreunden können.

Was lernen wir derzeit? Die Freiheit verteidigt die CDU auch durch das Absingen von Ballermann-Liedern. So will man die Hoheit über den Stammtischen wiedererlangen, an denen nach eigener Einschätzung die Männer gerne ihr Zigeunerschnitzel essen wollen.

Es erschließt sich leider nur nicht, welchen Reiz die CDU als AfD-light ausmachen soll. Krawall und Dissens können andere besser. Was fehlt, sind Konservativen mit einem klassischen Profil. Wobei konservativ eben auch „bewahren“ und „erhalten“ bedeutet. Demokratie bewahren, zum Beispiel.

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