Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In der Politik stehen verschlossene Türen selten für Überraschungen vom Christkind. Wohl aber für unangenehme Überraschungen.

Transparenz geht anders

Meine ersten Erinnerungen an verschlossene Türen stammen aus der Kindheit. Am Heiligabend wurde die Tür zum Esszimmer und Wohnzimmer verschlossen. Dahinter, sie hieß es, würde das Christkind das Tannenbaumschmücken übernehmen und die Geschenke unter den Baum legen. Damit niemand einen Blick auf das Christkind werfen konnte, kam noch Watte ins Schlüsselloch.

Ein paar Jahre später fand ich dann heraus, wo meine Eltern vor Weihnachten die unverpackten Geschenke versteckten — aber das ist eine andere Geschichte. Dazwischen gab es noch ein paar andere verschlossene Türen. Etwa die zum geheimnisvollen Zimmer auf dem Dachboden, in dem sich eine Modelleisenbahn als Geschenk für mich verbarg (ich wollte eigentlich eine Carrera-Rennbahn).

Als Jugendlicher verbrachte ich viel Zeit mit dem Warten vor verschlossenen Türen. Dahinter befand sich selten geheimnisvolles wie in meiner Kindheit. Auch standen verschlossene Türen für mich nicht für Intransparenz. Das änderte sich, als ich politisch aktiv wurde. Der Begriff bekam ab da eine zusätzliche Bedeutung.

Hinter verschlossenen Türen hieß immer auch, vor den Blicken der Öffentlichkeit verborgen. Das widersprach damals meiner politischen und demokratischen Auffassung und tut es heute immer noch. Es gibt nur wenige Fälle, wo ich sie für angebracht halte. Etwa vor Gericht zum Schutz der Opfer, wenn über Missbrauchsfälle verhandelt wird.

Verschlossene Türen der Stadtverwaltung

Werden aber wichtige Veränderungen etwa auf kommunaler Ebene diskutiert, sollte das öffentlich passieren. Vor allem, wenn es im Fall von Emden um den ÖPNV geht. Die Verwaltung der Stadt hat jedoch beschlossen, über die Zukunft des Emder Stadtbusverkehrs in einem nicht öffentlichen Workshop zu diskutieren. Mir fällt kein guter Grund ein, warum hier verschlossene Türen bei der Diskussion besser sein sollen als Transparenz.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Emder Stadtrat, Maria Winter, kritisiert daher diese Vorgehensweise der Verwaltung zurecht. Ganz bewusst wird hier unter Federführung von Oberbürgermeister Tim Kruithoff eine Zunahme der Politikverdrossenheit der Bürger:innen in Kauf genommen.

Zumindest in meiner Wahrnehmung sehe ich zwei Fronten. Die Fraktionen im Rat auf der einen Seite und der OB samt Verwaltung auf der anderen Seite. Es sei die Frage erlaubt, wer in der Stadt regiert und Entscheidungen trifft. Offensichtlich nicht die demokratisch gewählten Vertreter im Rat.

Bei der nächsten Wahl des Oberbürgermeisters in Emden wird Tim Kruithoff sicherlich nicht mehr sein Traumergebnis von 2019 erreichen. Vielleicht überlegen sich die Wählerinnen und Wähler auch, ob die Wahl eines unabhängigen Kandidaten immer eine gute Idee ist. Es ist aber zu befürchten, dass auch nach der nächsten Kommunalwahl die Verwaltung der Stadt weiter hinter verschlossenen Türen ihr Spiele spielt.

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