Von allen guten und bösen Geistern verlassen

An besonders interessanten Tagen entstehen durch politischen Aktionsmus neue Wortschöpfungen. Zufallsgewinne sind ein schönes Beispiel.

Versehentlich Lottospieler

Mit Gewinnen ist das so eine Sache. Als Brettspieler weiß man, was es bedeutet, wenn einer am Tisch gewinnt. Die anderen verlieren nämlich. Pädagogisch wertvoll könnte man einwenden, die anderen würden doch auch an Erfahrung gewinnen. Das lassen wir aber mal unter den Tisch fallen, genauso wie kooperative Spiele, wo dann irgendwie jeder gewonnen hat — obwohl wie bei Gruppenarbeit nicht alle am Erfolg beteiligt waren.

Lottospieler hoffen jedes Mal auf einen Gewinn. Wider besseres Wissen, denn die Wahrscheinlichkeit dafür liegt etwa bei 1 zu 140 Millionen. Dagegen liegt die Wahrscheinlichkeit, im Freien von einem Blitz getroffen zu werden, bei schlappen 1 zu 200.000. Besonders blöd läuft es, wenn man mit dem Gewinner-Lottschein draußen vom Blitz getroffen wird.

Im Kapitalismus, so brachte man uns bei, setzt man nicht auf einen Zufallsgewinn im Lotto, sondern arbeitet hart dafür. Gewinn hat also nichts mit Zufall, sondern mit Arbeit zu tun. Die Erfahrung lehrte uns dann später im Leben, wie häufig Gewinne nichts mit harter Arbeit zu tun haben. Auf einen fallenden Aktienkurs zu setzen und dann damit richtigzuliegen — nun ja.

Immerhin wird niemand versehentlich Lottospieler, sondern kauft sich mehr oder weniger bewusst seinen Tippschein.

Was sind Zufallsgewinne?

Kommen wir aber zudem dem, was unsere Bundesregierung in ihrer Weisheit darunter versteht, wenn sie über Zufallsgewinne spricht.

Der Strommarkt ist ein kompliziertes Biest. Da es unterschiedliche Möglichkeiten zur Stromerzeugung gibt, sind diese auch mit unterschiedlichen Kosten in der Produktion verbunden. So ist Strom aus Windkrafträdern vergleichsweise günstiger als seien Erzeugung mit Hilfe von Gaskraftwerken. Sogar Kohle- und Atomkraftwerke produzieren günstigen Strom. Allerdings nur, weil die Folgekosten der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Vermeiden wir aber eine Grundsatzdiskussion und kehren zurück zum Thema Zufallsgewinne.

Preise an der Strombörse entstehen durch Angebot und Nachfrage. Je höher die Nachfrage ist und je stärker das Angebot etwa durch den Wegfall von Kraftwerken ist, desto höher ist der Preis. Während sich der Preis verändert, trifft das nicht bei allen Formen der Stromerzeugung zu. Die Produktionskosten für Strom aus Windrädern bleibt gleich, auch wenn die Produktion mittels Gas teurer wird. Entsprechend muss der Anbieter, welcher Strom aus Gas produziert, einen höheren Preis für den Strom verlangen, wenn er wirtschaftlich arbeiten will.

Kein Problem, sagen wir uns da, kaufen wir halt den Strom beim Windradbetreiber günstiger ein. Nun, kann aber sein, dass wir mehr Strom benötigen, als der zur Verfügung stellen kann.

Strom zum Einheitspreis

Immer noch kein Problem, sagen wir uns, dann kaufen wir das, was uns noch fehlt, teurer dazu, zahlen aber für die Menge, die der Windradbetreiber liefern kann, den günstigen Preis. Tja, so ist das aber nicht auf dem Strommarkt. Der Preis orientiert sich anhand von Angebot und Nachfrage. Wenn ich also X Kilowattstunden benötige, der Windradbetreiber aber nur X-20 Kilowattstunden liefern kann, ist die Nachfrage höher als das Angebot. Der Preis steigt, denn ich agiere nicht alleine auf dem Markt. Für den Betreiber des Gaskraftwerks lohnt sich jetzt die Produktion und er bietet nun auch Kilowattstunden an.

Jetzt kommt der springende Punkt, auf den sich die Zufallsgewinne beziehen. Die Kilowattstunde liegt bei Y, was sich für den Betreiber des Gaskraftwerks gerade so lohnt. Denselben Preis erzielt aber auch der Windradbetreiber, obwohl er viel geringer Kosten hat. Ergo macht er deutlich mehr Gewinn. Das bezeichnet die Bundesregierung jetzt als Zufallsgewinne, denn der Windradbetreiber profitiert zufällig von der Marktsituation.

Klingt alles sehr wirr, ist es auch.

Ökologisch fragwürdig

So wie ich das sehe, werden bei der Abschöpfung der Zufallsgewinne Windradbetreiber und andere Erzeuger von Strom aus regenerativen Quellen bestraft. Das klingt nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern ist es mit Sicherheit auch.

Zudem kommt noch ein anderes Problem hinzu. Laut Süddeutscher Zeitung hat Bundesfinanzminister Christian Lindner zweistellige Milliardenbeträge ausgemacht — Zufallsgewinne, welcher er abschöpfen und den deutschen Verbrauchern zukommen lassen will. Wäre dann aber wirklich blöd, wenn der Strompreis wieder fällt, denn dann schrumpft nicht nur der Preis, sondern auch schmelzen die Milliardenbeträge dahin.

Wirklich helfen würde eine wie in anderen europäischen Ländern bereits eingeführte Übergewinnsteuer. Die ist für die FDP aber Teufelszeug und wäre auch hier ein ganz anderes Thema.

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