Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Drohungen mit dem Einsatz einer Atombombe führen zu Fehlentscheidungen. Beim Atompoker verlieren nämlich grundsätzlich alle Beteiligten.

Götterdämmerung im Kanzleramt

Angst ist ein schlechter Ratgeber, heißt es. Allerdings ist es ebenso falsch, Angst komplett zu verdrängen und stattdessen unnötige Risiken einzugehen — was sowohl im Kleinen wie auch Großen gilt. Grundsätzlich lässt sich Angst in mehrere Bereiche einteilen. Wir kennen rationale und irrationale Ängste. Die letzteren sind eher was für die Psychologie, lassen wir also unter den Tisch fallen. Bei den rationalen Ängsten gibt es meiner Meinung nach mehre Sorten. Angst, mit der ich alleine klarkommen muss, so wie Angst, die ich delegieren kann. Mit anderen Worten, Angst, deren Behebung in die Hände von (hoffentlich) Profis gelegt wird. Und dann gibt es noch die Angst, die aufgrund von mangelndem Wissen entstehen kann.

Aber reden wir nicht um den heißen Brei herum. Es gibt eine durchaus begründete Annahme, dass es die Aufgabe gewählter Politikerinnen und Politiker ist, uns in bestimmten Bereichen die Angst zu nehmen. Das Cover vom neuen SPIEGEL zeigt einen Bundeskanzler im Schatten. Dazu die Frage: „Wovor haben Sie Angst, Herr Scholz?“ Von der Süddeutschen Zeitung gibt es dazu einen treffenden Artikel.

Es spielt an auf die Warnung von Scholz vor einem Atomkrieg. Als Bürger dieses Landes ist es genau das, was ich von einem Bundeskanzler aktuell nicht hören will. Selbstverständlich habe auch ich Angst vor der Atombombe — nicht erst seit gestern. Meine Erwartungshaltung ist allerdings die, dass die Bundesregierung mir diese Angst nimmt und sie nicht schürt.

Angriff mit einer Atombombe

Der Einsatz auch nur einer Atombombe in der Ukraine wird eine Kettenreaktion auslösen — auch im übertragenen Sinne. Davor haben wir alle Angst. Seit zwei Monaten haben die Menschen in der Ukraine jedoch jeden Tag Angst um ihr Leben, Tod und Verstümmelung auf ganz konventionelle Art. Auch ohne Atombombe kann man das Leben verlieren. Etwa durch den russischen Einsatz zurecht geächteten Streubomben in der Ukraine.

Die Ukraine braucht Hilfe, nicht nur humanitärer Natur. Und nein, an dieser Stelle schreibe ich kein Wort über die scheinheiligen Ostermärsche in diesem Jahr, sonst platzt mir der Kragen. Ein Frieden, der die Vernichtung einer Nation zur Folge hat, ist kein Frieden.

Zurück aber zur Atombombe. Bundeskanzler Scholz hat berechtigte Sorge, dass die Lieferung von schweren Waffen aus Deutschland in die Ukraine eine weitere Spirale der Eskalation auslösen könnte. Russland ist, auch wenn es sich so verhält, kein Dritte Welt Staat, sondern eine Supermacht — noch immer. Eine Supermacht, mit nicht nur einer Atombombe im Arsenal.

Besser beruhigend einwirken

Wer mit der Angst vor einer Atombombe hausiert wie Scholz, lässt auf das Spiel des russischen Präsidenten Putin ein. Der setzt nämlich genau auf diese Angst, um die Grenzen immer weiter zu verschieben — in mehrfacher Hinsicht. Von unserer Bundesregierung erwarte ich nicht nur eine klare Haltung, sondern auch den Schutz der Bevölkerung. Nicht vor der Atombombe, sondern auch vor Panikmache.

Im Übrigen: Wenn ich aus Angst vor eine Infektion mit COVID-19 weiterhin eine Maske tragen, ist das rational nachvollziehbar. Wenn Kunden im Supermarkt aus Angst vor einem Mangel massenhaft Mehl, Reis und Öl kaufen, ist das nicht rational nachvollziehbar.

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