Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Laut Beschluss der Bundesregierung wird sich das Wiedersehen mit dem Friseur weiter hinziehen. Der Trend zum Topfhaarschnitt könnte wieder kommen.

Neuer Wachstumssektor

Während es der Wirtschaften (und den Wirtschaften) in Deutschland durch Corona nicht so gut geht (um es vorsichtig auszudrücken), gibt es an anderer Stelle einen regelrechten Boom. Bei nicht wenigen Bürgerinnen und Bürger befindet sich der neue Wachstumssektor auf ihrem Kopf.

Ganz im Ernst, meinen letzten Termin beim Friseur hatte ich Anfang Dezember. Warum genau ich beim Thema Änderungswünsche „kann ruhig kürzer diesmal“ sagte, weiß ich nicht mehr so genau. Vermutlich Bauchgefühl und böse Vorahnung. Auf jeden Fall verschafft mir die Entscheidung etwas mehr Spielraum beim Deckhaar. Da ich einen Undercut habe, bedarf dieser allerdings der regelmäßigen Pflege, andernfalls schieben die Haare das Deckhaar nach oben, was wenig vorteilhaft aussieht.

Schon wären des ersten Lockdowns griff ich daher zu meinem Barttrimmer. Beziehungsweise aufgrund von fehlenden Augen am Hinterkopf drückte ich meiner Frau in die Hand. Nach erfolgreicher Operation sah es wieder gepflegt aus. Nur wenige Wochen später ging es dann wieder zum Friseur in Köln.

Am vergangenen Wochenende kam der Barttrimmer bei uns beiden zum Einsatz. Meiner Frau rasierte ich damit den Nacken aus, ich bekam wieder meinen 6 mm Undercut.

Not beim Friseur

Diesmal wird es wohl etwas länger dauern, bis die Friseure wieder auf haben in Deutschland. Ob bis dahin der Barttrimmer reicht oder ich zu radikaleren Maßnahmen (Stoppelhaarschnitt plus Mütze) greifen muss, wird sich noch zeigen.

Letztendlich ist es aber eher ein Luxusproblem. Andere Männer in meinem Alter wäre vermutlich froh, sich über zu viel Haar Gedanken machen zu müssen. Es ist aber auch deshalb ein Luxusproblem, weil die Sache zwei Seiten hat. Kein Haarschnitt zu bekommen, bedeutet auch, dass mein Friseur und viele andere derzeit ohne Kunde dastehen. Ihre Salons sind geschlossen, die Einnahmen bleiben aus. Bereits beim letzten Mal, so habe ich mir erzählen lassen, war das mit der finanziellen Hilfe nicht so einfach. Zudem ist das keine Spendenaktion der Bundesregierung, sondern soll (soweit ich das verstanden habe) auch wieder zurückgezahlt werden.

Hinzu kommt, dass Friseure kein Handwerksberuf mit Spitzenlöhnen sind. Eher im Gegenteil. Für sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht es derzeit um die schiere Existenz. Eine Verlängerung des Lockdowns, so wie eine Verschärfung ist für diese Betriebe extrem problematisch.

Die Schließung der Friseure finde ich auch unschön vor dem Hintergrund, wie viel Mühe sich bei der Einhaltung der Hygienevorschriften gegen wurde. Das Risiko, sich beim Haare geschnitten bekommen, anzustecken, halte ich für erheblich geringer, als wenn man eine neue Küche erhält — dafür haben sich in der vergangenen Woche eine ganze Reihe von Handwerkern wörtlich die Türklinke bei uns in die Hand gegeben.

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