Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Kölngefühl als Superdroge

Selbstüberschätzung ist insbesondere im Rheinland verbreitet. Selbst Imbiss in Köln lassen sich davon oft anstecken.

Das besondere Kölngefühl scheint für viele Anreiz genug zu sein. Dabei ist Domstadt eigentlich ein abschreckendes Beispiel.

Trapattoni-Moment

Von Trainer-Legende Giovanni Trapattoni stammt in einem Interview nach der Niederlage gegen Schalke der legendär egewordene Ausspruch: „Ich habe fertig! “ Im Leben von uns allen gibt es diesen ganz speziellen Trapattoni-Moment. So auch bei mir. Ich habe fertig — mit Köln. Wer hier länger mitgelesen hat, wird vermutlich viel von meiner aufgestauten Unzufriedenheit mitbekommen haben.

Dem Kölngefühl der ersten zwei, drei Jahre ist Ernüchterung gefolgt. Mittlerweile möchte ich diese Stadt einfach nur noch hinter mir lassen. Dafür gibt es viele, sehr viele Gründe. Man kann das auch alles nachlesen, wenn man den Brotkrumen folgt. Nicht erst seit dem sich der Plan manifestiert, nach Ostfriesland zu ziehen. Schon viel früher wurde mir bewusst, dass die Menschen hier in Köln komisch sind. Oder mit mir etwas nicht stimmt — oder irgendwie beides.

Vielleicht ist es auch so, dass ich für meinen Teil die vielen Probleme der Stadt nicht wegschunkeln will. Mir fehlt einfach die Affinität zu Karneval, zur kölschen Oberflächlichkeit und zur katholisch geprägten Schicksalsergebenheit. Mit dem, was hier Bier genannt wird, trinkt man sich die Dinge einfach schön. Gerne berauscht man sich auch am imaginierten Kölngefühl — eine Superdroge aus dem Rheinland.

Auch typisch Köln

Auch typisch Köln

Es kommt kein Kölngefühl auf

Bei mir kommt kein Kölngefühl auf. Die Düsseldorf-Witze erkenne ich mittlerweile als das, was sie wirklich sind. Kölner Überheblichkeit. Mich stört die Einseitigkeit, genau so wie der Umstand, dass Spaß in der Domstadt eine ernste Sache ist. Und wehe man macht Witze auf Kosten der Kölner in Köln.

Was an Köln nicht stimmt, die Liste wäre extrem lang. Gescheiterte Bauprojekte etwa, wie zuletzt die Leverkusener Brücke. Entscheidung, die zutiefst verstören. Wie etwa der Ausbau des FC-Trainingsgeländes auf Kosten des Grüngürtels. Über fast 7.000 Einwendung dagegen wird einfach hinweggegangen.

Der Kölner Klüngel ist real, genau so wie die Unvernunft einiger Menschen. Wenn Kölngefühl als Freiheit ohne Rücksicht interpretiert wird, muss mal wieder die Polizei eingreifen. So wurde jetzt der Zugang zum Brüsseler Platz und zum Rheinboulevard begrenzen. Warum? Weil die Menschen einfach keinen Abstand halten wollen und zu viele zur selben Zeit sich dort aufhalten, alle Auflagen zum Trotz.

Angeblich lieben die Kölner ihre Stadt. Dennoch, überall lassen sie ihren Müll liegen, sodass die AWB kaum hinterherkommt. Für sind die Mitarbeiter der Abfallentsorgung auch Helden des Alltags.

Im Übrigen, die aktuelle Lage und das Verhalten in Köln zur Zeiten der Corona-Krise wäre für mich spätestens jetzt ein Grund gewesen, dass Kölngefühl als Selbstbetrug zu betrachten.

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