In der Küche am Herd trennt sich die Spreu vom Weizen. Rezeptfrei kochen dabei weniger Menschen als man denkt. Trotzdem werden die meisten von uns satt.
Kannst du kochen?
Nach wie vor hänge ich der Überzeugung an, kochen zu könne. Dennoch wurde daran vergangene Woche massiv gerüttelt. Nicht ein Unfall am Herd trägt dran die Schuld, sondern ein Post bei Facebook. Dabei ging es eigentlich um ein ganz anderes Thema.
In einer der Brettspielgruppen ging es um das Thema Spielregeln. Eine Spielerin fragte, ob es bei anderen auch das Phänomen gäbe, in letzter Zeit eine Art Regelmüdigkeit zu empfinden — also die Lust, sich nicht unbedingt auf neue und vor allem umfangreiche Spielregeln einlassen zu wollen. Abwegig fand ich die Frage nicht, da es mir zur Zeit ähnlich geht. Meinen Senf zu Thema gab ich dann nicht dazu. „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern“, um es mit den Worten von Thomas de Maizière zu sagen.
Wie dem auch sei, wirklich gestolpert bin ich über eine Aussage, kochen nach Rezept sei ja gar kein kochen. Das könne ja jeder. Nur wer rezeptfrei Gericht zustande bringt, dürfe von sich behaupten, kochen zu können.
Mal abgesehen davon, dass es einen nicht unerheblichen Teil der Menschheit gibt, der nicht mal nach Rezept etwas Nahrhaftes fabrizieren kann, habe ich diesbezüglich einen ganz andere Meinung.
Die Kür ist rezeptfrei
Pauschal runtergebrochen wäre die Behauptung, nur rezeptfrei kochen sei Kochen genau so, als wäre jegliche Tätigkeit nach Anleitung eigentlich keine Kunst. Lese kann schließlich jeder. Und Anweisung folgen ist uns quasi in die Wiege gelegt.
Ich finde so eine Aussage ziemlich vermessen. Kochen auch nach Rezept bedarf Erfahrung. Zudem ist es extrem hilfreich, wenn man versteht, was im Rezept steht und warum. Zum Beispiel, aus welchem Grund man Salz in eine Erbsensuppe erst nach Abschluss des Kochvorgangs gibt.
Darüber hinaus sind nicht wenige Rezepte so geschrieben, dass ein blutiger Laie dran scheitern würde. Man muss bereits Erfahrung in der Küche haben, um mit ihnen etwas anfangen zu können. Insbesondere Rezepte etwa bei Chefkoch sind keine didaktischen Anleitungen — ist aber auch egal. Wer Erfahrung hat, gleicht Lücken und Fehler im Rezept nahezu unbewusst aus. Kochen können heißt für mich, zu wissen, was man tut. Ob mit oder ohne Rezept, ist dabei ziemlich egal.
Freilich ist es so, dass die Kür dort anfängt, wo Rezept aufhören. Das freie, kreative Erfinden ist eine Kunst. Zutaten geschmackssicher mit einander kombinieren, nicht jeder kann das, obwohl er kochen kann. Aus solcher Kreativität entstehen dann neue Rezepte. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass auch in der gehobenen Gastronomie Rezepte verwendet werden — einfach auch deshalb, um das, was auf der Speisekarte steht, für die Gäste identisch reproduzieren zu können.