Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Einfach rauskommen. Zu Hause fiel Jürgen Rösch mal wieder die Decke auf den Kopf. Der Ausblick auf die Wasserfläche des neuen Delftes rief bei ihm mittlerweile Brechreize hervor. Für ihn selber wäre die Eigentumswohnung im Speicher Viertel in Emden unbezahlbar. Er wohnte dort als Anhang seiner erfolgreichen Lebensgefährtin Tina Kante. Erst halb im Mantel ließ Rösch die Haustür hinter sich zufallen. Erst als er beim Schifffahrtsamt um die Ecke bog, wurden seine Schritte langsamer. Mit normalen Tempo lief er weiter.

Niemand beachtete den Endvierziger, als er die Brücke am alten Binnenhafen überquerte und unentschlossen an der Abbiegung zur Nesslander Straße minutenlang herumstand. Aus alter Gewohnheit schlug die Ziellosigkeit von Rösch um in einen Vorsatz. Er drehte das rechte Handgelenk, um durch den Sprung im Glas die Zeit besser ablesen zu können. Erneut beschleunigte er seine Schritte. Mit etwas Glück wäre er rechtzeitig am Außenhafen.

Beim Laufen schlug ihm das Buch in der linken Manteltasche gegen seinen Oberschenkel. Der Ärger trieb ihn an, ließ ihn schneller laufen. Scheiß tropfte auf den Asphalt. Nach Luft ringend betrat er das Fährhaus der AG EMS und löste am Schalter ein Tagesticket. Im selben Moment wusste er bereits, dass er länger auf Borkum bleiben würde. Zusammen mit laut schnatternden Urlaubern ging er an Bord der MS Ostfriesland.

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