Strom kommt nicht aus der Steckdose. Ebensowenig wachsen Fischstäbchen an Bäumen. Alles hat eine Herkunft, die man kennen sollte.
Seemannsgarn
„Wer kommt von Weitem übers Meer und bringt unseren Fisch hier her?“ — Werbung kann ein Leben lang prägen. Mit Fischstäbchen werde ich vermutlich immer auch einen ganz bestimmten Kapitän verbinden. Mit weißem Bart und der einzige Erwachsene auf einem Schiff voller Kinder. Früher hat man sich darüber keine Gedanken gemacht, aber aus heutiger Sicht wirkt das schon etwas befremdlich.
Wie dem auch sei, was damals Reklame heiß und heute Werbung heisst, inhaltlich hat sich wenig verändert. So was wie „Alaska-Seelachsfilet“ ist lediglich Seemannsgarn, denn Seelachs gibt es nichts. Es handelt sich um eine Erfindung der Industrie. In den Fischstäbchen war früher vermutlich Kabeljau drin, mittlerweile Pazifischer Pollack, eine Dorschart, wie die Süddeutsche Zeitung in ihrem Artikel „Woher kommen unsere Fischstäbchen?“ schreibt. Lesen sollte man das eher nicht, wenn man sich seinen kindlichen Glauben an das Gold aus Meer bewahren will. Den so appetitlich wie die Fischstäbchen auf der Verpackung aussehen, sind sie in Wirklichkeit nicht. Den Versprechung glaubte ich schon sehr lange nicht mehr. Neu für mich war jedoch, dass bestimmte Sorten zweimal eingefroren werden. Auch die Preisabsprache finde ich extrem kurios.
Fischstäbchen für 1,59 €
Ich wollte es zunächst nicht glauben, aber genau wie die SZ es schreibt, kosten die Fischstäbchen der Eigenmarken in den Supermärkten 1,59 € — und es sind auch immer Packungen mit 15 Stück. Der Fischanteil beträgt beim bekannten Markenprodukt wie bei den Eigenmarken 65 Prozent. Der Rest ist Panade. Entsprechen bezieht sich die Aussage „100 Prozent Filet“ nur auf das unter der Panade.
Bei EDEKA wird im Übrigen ganz deutlich damit geworben, dass die Fischstäbchen der Eigenmarke gut & günstig nur einmal gefroren wurden. Dafür kann das Produkt aber dann Spuren von Weichtieren enthalten. Das interessiert die Meisten vermutlich genau so wenig wie die Region, aus denen das „Seelachsfilet“ stammt. Die östliche Beringsee und der Golf von Alaska (Nordostpazifik, Fanggebiet 67) beziehungsweise Nordwestpazifik (Ochotskisches Meer, westlichen Beringsee, Fanggebiet 61) werden bei REWE mit angegeben. Aufschluss darüber gibt der Kodierungsschlüssel auf der Seite der Verpackung. Hier ist entweder A oder B angegeben, was auf der Rückseite der Packung dann aufgeschlüsselt wird. Dabei ist A 67 und B 61. Im letzteren Fall stammt der Fisch aus Russland und wurde höchstwahrscheinlich eingefroren, aufgetaut und portioniert und wieder eingefroren.
Praktisch grätenfrei
Ja, so toll ist das Zeug aus der Kühltruhe nicht. Das einzige Gold wird das sein, was sich die Hersteller mit dem Verkauf verdienen. Zumindest aber bedeutet praktisch grätenfrei genau das. Ich hatte noch nie eine Gräte in einem Fischstäbchen, dafür aber häufiger Knoblauch in einer Fleischwurst, die frei von Knoblauch sein sollte. Ist in Köln immer etwas schwierig. Bei Fleischwurst ist es genau wie bei den Fischstäbchen. Eigentlich möchte man gar nicht so genau wissen, was drin ist. Hauptsache, es schmeckt.
Eine Antwort
Ja, das wäre fast ein ganz besonderer Beitrag zur Blogparade des Deutschen Historischen Museum zum Thema „Europa und das Meer“ ( http://www.dhm.de/blog/2018/06/20/blogparade-europa-und-das-meer-was-bedeutet-mir-das-meer-dhmmeer/ ). :-D
Das wäre doch vielleicht auch was für dich?
LG
Astrid