Ladenöffnungszeiten, das ist nach wie vor genau so ein Thema wie „Verkaufsoffene Sonntag“. Immer wieder wird darüber gestritten. Anfang der Woche brach der Kölner CDU-Abgeordnete Heribert Hirte bei Focus-Online eine Lanze für die Geschäftsleute.
Ja richtig, Geschäftsleute, nicht Arbeitnehmer. Schließlich ist Hirte kein SPD-Mitglied oder, Gott bewahre, gehört der Linksfraktion an — von der gibt es auch ein Statement zum Thema „Verkaufsoffene Sonntage in Köln.
Aber langsam und der Reihe nach. Den Unmut von Hirte kann ich zumindest Teilweise verstehen. Nicht etwa weil der praktizierende Katholik und Vater zwei Kinder (man fragt sich hier, was das mit Ladenöffnungszeiten zu tun hat) generell etwas gegen Konsum und Kommerz hat — obwohl er genau das behauptet. Sondern weil die Kölner Stadtverwaltung zunächst verkaufsoffene Sonntage genehmigte, nach einigem Hin- und Her diese Genehmigungen wieder zurück zog.
Hier sehe ich tatsächlich auch, dass dies das Image von Köln gefährdet. Allerdings nicht auf Grund der Ladenöffnungszeiten, sondern weil es meinen Eindruck einer unbeherrschbaren Verwaltung verstärkt. Seit einiger Zeit schon hege ich den Verdacht, dass Entscheidung in Köln nicht von demokratisch gewählten Vertretern gefällt werden, sondern von der Verwaltung.
Positionen von Kölner Parteien
Dem gesamten Rest des Artikels kann ich jedoch nicht zustimmen. Zumindest jedoch respektiere ich die klare Haltung von Hirte — eine solche ist mir bei der Kölner SPD bisher nicht bekannt. Dagegen äußert sich die Linksfraktion in Köln deutlich. Sie begrüsst das „Desaster mit Ansage“. Putzig ist hierbei allerdings die Bezugnahme auf die „Sonntagsruhe der Verkäuferinnen und Verkäufer“. Als ob es weite Teile der Linksfraktion so mit der Religion hätten. Aber gut, die Position ist ansonsten klar. Der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht vor Geschäftsinteressen — sehe ich im Übrigen genau so.
Man könnte das Thema an dieser Stelle abhaken, sich vielleicht lediglich wundert, warum ich mich auf die Linksfraktion beziehe. Ich werde doch wohl nicht — eine, keine Sorge. Auf die Meldung der Linksfraktion stieß ich bei Facebook, weil diese in diversen Gruppe geteilt wurde. Bei den Kommentaren dazu hätte Karl Marx vermutlich Haarausfall bekommen.
Primat der Ladenöffnungszeiten
So was wie Ladenöffnungszeiten sind in der Sofortgesellschaft ein Reizthema. Wer auch nur wagt, sich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einzusetzen, bekommt sofort den virtuellen Gummiknüppel zu spüren. Es herrscht bedingungslose Konsumgeilheit. Man definiert sich offensichtlich darüber, jederzeit einkaufen zu können. Es nicht zu können, wird als Einschränkung der persönlichen Freiheit aufgefasst. Dem Primat der Ladenöffnungszeiten wird alles untergeordnet. Dabei stirbt niemand, wenn er mal ein oder zwei Tage nicht shoppen kann.
Wer immer und überall einkaufen muss, hat es verlernt, auf Dinge zu warten. Sich drauf zu freuen, wenn man nach länger Zeit etwas auspacken kann. Nur der Kaufakt selber verschafft Befriedigung – man könnte das sicherlich weiter ausführen.
Tatsache ist, dass mit dem Online-Handel ein Wettrüsten stattfindet, bei dem der Einzelhandel nur verlieren kann. Jeder temporäre Sieg vor Ort steht auf dem Rücken der Beschäftigten. Wer eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten fordert, sollte sich fragen auf welcher Seite er steht. Grenzenloser Konsum oder Solidarität mit den Verkäuferinnen und Verkäufern.
Nicht haufenweise Verkaufsoffene Sonntage sind notwendig, sondern eine Entschleunigung der Gesellschaft. Statt „Sofort“ bewusster Konsum. Profitieren würden davon alle.
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