Es gibt Daten, die hat man als Deutscher nicht zu vergessen. Das gehört unter anderem die Reichsprogromnacht in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Was unseren jüdischen Mitmenschen angetan wurde, ist erschreckend. Daran zu erinnern essentiell, damit die Taten niemals vergessen werden. Jeder Relativierung muss entschlossen entgegengetreten werden.
Ein paar Jahre vor der Reichsprogromnacht fanden am 10. Mai 1933 Bücherverbrennung statt. Verboten, verbrannt wurden Bücher, welche die Nationalsozialisten als „undeutsch“ betrachtete. Weil die Autoren eine andere politische Haltung hatte oder jüdischen Glaubens waren. Werke von Karl Marx, Erich Kästner, Thomas Mann, Erich Maria Remarque („Im Westen nichts Neues“), Kurt Tucholsky und anderen wurden in einem Akt der Barbarei dem Feuer übergeben.
Beides sollte man im Hinterkopf haben, wenn man sich der Causa Akif Pirinçci zuwendet. Jenes unsäglichen Autors, der auf einer PEGIDA-Veranstaltung in Leibzig kübleweise Hass von sich gab, bis er schließlich jenen unsäglich Satz herausbrachte:
aber die KZ sind ja leider derzeit außer Betrieb.
Man stutzt, kann es nicht glauben. Und doch ist dieser Satz so gefallen. Die Entrüstung war groß, selbst die rechten Anhänger waren wohl doch etwas erstaunt, wie man lesen konnte. In dem Milieu wohl eher deshalb, weil man niemanden öffentlich so klare Worte zugetraut hätte.
Der restliche Teil unserer Gesellschaft, von der ich annehme, sie stelle nach wie vor die Mehrheit dar, rückte angeekelt von Pirinçci. Selbst der Betreuer seiner Webseite verabschiedete sich mit großem Paukenschlag. Büchereien verfrachteten die Bücher von Prinçci ins Archiv, sein Verlag distanzierte sich von ihm. Kurzum, niemand der (politisch) einigermaßen bei klaren Verstand ist, wollte noch etwas mit Pirinçci zu tun haben.
Selbstverständlich sprangen dann andere Menschen Pirinçci und leisteten Schützenhilfe, hielten die Fahne der angeblichen Meinungsfreiheit hoch. Schließlich wurde sogar von Zensur gefaselt, ja auch von eine Art Bücherverbrennung, wenn sich denn alle geschlossen weigern würden, Bücher von Pirinçci zu verkaufen.
Mit Verlaub, so was ist Schwachsinn. Eine Zensur geht vom Staat aus, der im Fall Akif Pirinçci überhaupt nicht tätig geworden ist — zumindest wurde keines seiner Bücher verboten. Es fanden auch keine öffentliche Verbrennung statt. Und von einer wirtschaftlichen Vernichtung des Autors Pirinçci ist ebenfalls unehrlich. Pirinçci hat selbstverständlich das Recht, seine Bücher jederzeit selber an dem Mann zu bringen.
Ebenso haben aber Verlage und Buchhändler das Recht, Druck und Verkauf der Werke von Pirinçci abzulehnen. Ist ihre freie Entscheidung, auch ein Ausdruck der eigenen Haltung und Meinung. Dagegen zu wettern, das ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Diese gilt nämlich in beide Richtung.