Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Alles beginnt mit einer Suche. Die Suche nach der Ursache woher der Wunsch kommt, selber etwas zu schreiben.

Lesen und schreiben dienen sowohl der Information und Kommunikation als auch der Erinnerung — der präzisen Wiedergabe von Arbeitsabläufen. Damit ist Wunsch zu schreiben kaum erklärbar.

Es ist vielmehr unser innerster Drang, sich mitzuteilen. Die Lust zu erzählen, Geschichten zu erfinden, die es bereits seit Urzeiten gibt. Lange vor der Möglichkeit, etwas schriftlich festzuhalten, wurden Erzählungen mündlich überliefert. Wir alle sind immer schon Zuhörer. Bevor wir unser erstes Wort gesprochen haben, hörten wir bereits tausende. Manche Menschen verspüren im Laufe ihres Lebens den Drang, selber eine Geschichte festzuhalten.

Genau wie man vornehmlich alleine lesend mit einem Buch seine Zeit verbringt, so ist es auch beim Schreiben. Alleine steht man als Schreibender trotzdem nicht da, denn es gibt viele Menschen rund um die Welt, denen es ähnlich geht. An den meisten Tagen im Jahr bekommt man davon jedoch wenig mit. Dann aber gibt es Anlässe, bei denen man auf Gleichgesinnte trifft.

Einer dieser Anlässe ist der National Novel Writing Month. Es gibt in jedem November zum NaNoWriMo lokale Treffen, auch in einigen deutschen Städten, unter anderem in Köln. Sie dienen dazu, um sich austauschen und gegenseitig zu motivieren. Mitunter bilden sich Schreibgruppen, die sich auch in den anderen Monaten eines Jahres treffen.

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Eine Autorin aus der Kölner Schreibgruppe, ist Daniela, deren Erstling heute erscheint. Daniela hat sich bereit erklärt, mir anlässlich ihrer Veröffentlichung von „Strawberry Icing“ für ein paar Fragen zur Verfügung zu stehen — quasi ihre Geschichte vom Lesen und Schreiben.

Hast du immer schon gerne gelesen?

Als Kind habe ich es gehasst zu lesen. Ich konnte es nämlich nicht gut. Vor allem laut lesen, ist teils heute noch ein Problem. Mit 11 oder 12 hatte ich ein beachtliches Bücherregal voll mit Mädchen- und Pferdebücher ohne je eins davon gelesen zu haben. Eines Tages hatte ich Langeweile und habe mir eins der dünnsten Bücher genommen und es gelesen. Binnen kürzester Zeit hatte ich alle Bücher gelesen und entwickelte mich zu einer richtigen Leseratte.

Welche Art von Büchern liest du aktuell?

Hauptsächlich Liebesromane am liebsten die mit den „gemalten Covern und den halbnackten Frauen“. Aber auch New Adult.

Wie viele Bücher liest du pro Jahr?

Wenn ich schreibe, lese ich keine anderen Bücher. Wenn ich nicht schreibe, sind es zwischen 3 – 10 je nachdem wie viele Titel es gibt, die mir gefallen.

Seit wann gab es den Wunsch, selber etwas zu schreiben?

Den Wunsch gab es nie. Ich musste in der 8. Klasse einen Aufsatz über meine Sommerferien schreiben – entweder erfunden oder erlebt. Maximaler Umfang: 7 Din-A4 Seiten. Nach 7 Seiten war ich nicht mal annähernd mit meiner erfundenen Geschichte fertig. Von dem Tag an habe ich geschrieben.

Wie bist du auf die Idee für die Geschichte gekommen?

Nachdem ich vorher immer nur Kinder- und Jugendgeschichten geschrieben habe, wollte ich gerne etwas neues ausprobieren. Irgendwann fiel mir das Märchen „König Drosselbart“ in die Hände. Die Idee war geboren.

Wann hast du mit der Geschichte begonnen?

Die Geschichte war mein NaNoWriMo-Projekt 2011. Im Oktober habe ich mit der Planung begonnen. Einen Plot entwickelt, Charaktere wurden geboren und erste Recherchen gemacht. Das erste Wort ist planmässig am 01. November 2011, damals im Center Park, geschrieben worden.

Wie lange hast du für den ersten Entwurf gebraucht?

Ich habe von November 2011 bis 31. Juli 2012 an der Rohversion gearbeitet. Als ich fertig war, hatte ich 208.000 Wörter geschrieben. Mir war es wichtig, konstant an der Rohversion zu arbeiten. Ich habe auch zum Beispiel Änderungen die ich am Plot oder den Charakteren vorgenommen habe, an der Stelle an der ich geschrieben habe, eingebaut und nicht, wie viele andere angehende Autoren, wieder von vorne angefangen, um die vorgenommenen Änderungen einzubauen. Denn dann wird man, meiner Meinung nach, niemals fertig.

Wie lange hat die Überarbeitung gedauert?

Erstmal hab ich die ganze Rohversion monatelang nicht mehr angerührt. Nachdem ich fast ein dreiviertel Jahr mich ausschließlich um diesen Text gekümmert hatte, konnte ich ihn ehrlich gesagt nicht mehr sehen. Ich war einfach reizüberflutet. Im September 2012 habe ich angefangen, die einzelnen Kapitel auszudrucken und zu überarbeiten. Ich habe festgestellt, wenn ich den Text ausgedruckt vor mir liegen habe „finde“ ich viel mehr Sätze und Passagen die ich ändern will, als wenn ich das nur am PC mache.
Durch eine private Veränderung in meinem Leben, habe ich erneut am Text nichts gemacht, ungefähr bis Februar 2013.
Und seitdem habe ich bis Februar 2014 konstant die Rohversion überarbeitet. Ich habe nicht nur die geschriebenen Stücke überarbeitet, gekürzt oder sogar über die elektronische Tonne entsorgt und neu geschrieben. Sondern auch Namen geändert, und den ganzen Text „stimmig“ gemacht.
Im Grunde stimmt es, was die Schreibratgeber sagen. Die Überarbeitung des Textes dauert mindestens doppelt so lange, wie die Rohversion zu produzieren. Eine Rohversion zu schreiben, und diese zu Ende zu bringen ist im Verhältnis zur Überarbeitung leicht. Denn die Überarbeitung ist das, was auch im Wort selbst steckt „Arbeit“ und nicht immer toll. Es gab Tage, da habe ich den Text verflucht und wollte alles hinschmeißen.

Wann schreibst du vornehmlich?

Als mein Sohn noch nicht geboren war, habe ich meistens Abends oder am Wochenende geschrieben. Nun werde ich wohl dann schreiben, wenn der Kleine schläft und ich nicht über dem Rechner einschlafe.

Wo nimmst du die Zeit zum Schreiben her?

Bis jetzt habe ich die Zeit immer vom schlafen abgezwackt. So wird es wohl auch in Zukunft sein.

Was motiviert dich beim Schreiben?

Ganz gewiss nicht, berühmt oder reich zu werden. Schreiben ist für mich Entspannung und Hobby zugleich. Ich bin sicher kein tiefsinniger Autor der Weltliteratur hervor bringt. Ich schreibe, was mir gefällt über Themen die mir gefallen. Ich mag den Gedanken, eine Idee in meinem Kopf entstehen zu lassen. Charaktere zu entwickeln, die mit der Zeit meine „Freunde“ werden und für mich ein Stück weit „real“ sind.
Ich schreibe aber auch, um veröffentlicht zu werden. Denn nur wenn man ein Ziel hat, kann der Traum Wirklichkeit werden. Meine Tante hat mir vor Jahren mal einen Küchenmagneten in Form einer Elfe geschenkt. Da steht ein Spruch drauf: „A dream is just a dream. A goal is a dream with a plan and a deadline“. Dieser Magnet hängt an meinem Schreibtisch und spornt mich immer wieder an, wenn ich an einen Punkt komme, an dem ich am liebsten alles hinschmeißen will.
Es ist ein tolles Gefühl, wenn andere Menschen meine Hirngespinste mögen und toll finden.

Welche Schreibbücher hast du gelesen?

Also ich besitze 4 Schreibratgeber. „Wie ich schreibe ich einen verdammt guten Roman“, die beiden Ratgeber von Hans Peter Röntgen und einen von Mara Lare. Ganz gelesen und für am besten befunden habe ich den von Mara Lare. Sie schreibt sehr anschaulich und vor allem auch mit Beispielen, was ich immer sehr wichtig finde. Die Ratgeber von Hans Peter Röntgen habe ich jeweils bis zur Hälfte gelesen. Er zeigt anhand von Fallbeispielen wie es nicht geht. Das hat mir aber nicht so geholfen, wie das von Mara Lare. Und das „verdammt guten Roman“ ist eher auf amerikanische Bücher bezogen. Wobei mir da die Charakterentwicklung, die direkt am Anfang behandelt wird, sehr weiter geholfen hat.

Hast du einen Schreibseminar / -workshop besucht?

Nein. Nur meine monatlichen Treffen mit der Schreibgruppe. Viel Recherche im Internet und Betalesen von anderen (meist schlechte) Texte.

Wie bist du an die Verlage getretenen bzw. warum die Entscheidung für einen Agenten?

Nachdem im März 2014 mein Manuskript mit der zweiten Überarbeitungsrunde fertig war, habe ich bei 4 Agenturen in Deutschland angefragt, ob sie Interesse hätten, mich und meinen Text zu vertreten. Ich erhielt 3 Absagen und eine Zusage von dem kölner Literatur Agenten Peter Molden. Ihn hatte ich im Rahmen des Kölner Pub ’n‘ Pub im November 2013 kennengelernt.
Für mich war klar, sollte ich es jemals zu einer Veröffentlichung schaffen, dann möchte ich das zusammen mit einem Agenten tun. Denn, meiner Meinung nach, kennen sich Agenten am besten in der Branche aus. Sie können die besten Vertragsverhandlungen führen, kennen den Markt, was gesucht wird und die Menschen, die in den Lekorenabteilungen sitzen. Ein Agent kümmert sich um die Wahrung meiner Rechte und um die Abrechnung der Honorare. Ohne Agent, müsste das der Autor alles selbst machen. Und da ich das weder kann noch möchte, sondern lieber meine Energie in die Entwicklung und Entstehung neuer Texte fließen lassen will, bin ich gerne bereit 20% an meinen Agenten abzutreten.
Nachdem ich einige Änderungen (und weitere Kürzungen) am Text vorgenommen hatte, boten wir im Mai den Text einzelnen Verlagen an und gaben Forever, dem neuen im Juli 2014 startenden Imprint von Ullstein, den Zuschlag.

Hättest du dein Buch ohne Verlag selber veröffentlichen wollen (Selfpublishing)?

Ja, das hätte ich in der Tat angestrebt. Ich finde – ohne eingebildet klingen zu wollen – dass mein Text Potential hat, einer gewissen Menge an Leserschaft zu gefallen.

Wann und wo erscheint das Buch?

Mein Buch wird am 08. August bei Forever, dem neuen Imprint von Ullstein, als Ebook erscheinen.

Gibt es schon ein neues Projekt?

Aktuell ist mein neues Projekt mein im Juni geborener Sohn.
Zeitgleich – zwischen Flaschen geben, Windeln wechseln und „Power-Napping“ (auch bekannt als ’schlafen‘) arbeite ich an zwei Plots und entwickle gerade die Charaktere dazu. Bis jetzt weiß ich noch nicht, welchen ich weiter verfolgen werde. Mir gefallen sie beide sehr gut.

An dieser Stelle erstmal vielen Dank an Daniela, dass sie sich Zeit genommen hat für die Beantwortung der Fragen.

Wenn schreiben nur das Aneinanderreihen von Wörtern ist, so ist es vergleichsweise leicht. Zu einer Autorin zu werden, dazu gehört wesentlich mehr. Über fehlende Zeit jammern viele Menschen. Die Kunst eines Autors oder einer Autorin liegt darin, nicht in den Gesang mit einzustimmen und Strategien zu finden, um sich Zeit zum Schreiben zu verschaffen. Als Belohnung erwartet einen dann mitunter eine Veröffentlichung des eigenen Romans. Das ist aber weder ein Selbstverständlichkeit noch sollte es alleinige Motivation beim schreiben sein. Zum Schreiben kommt man, wie man bei Daniela sieht, mitunter über Umwege. Lesen ist dabei aber immer ein Ausgangspunkt, denn das was wir lesen, prägt uns und die Art, wie wir schreiben werden.

Zum Abschluss gibt es noch eine Textprobe aus „Strawberry Icing“:

Diesmal verziehen ihm seine Eltern nicht. Da war er sich sicher. Als er New York vor fünf Wochen mehr oder weniger fluchtartig verlassen hatte, hatte er auch einen Skandal hinterlassen, für den er jetzt sicherlich die Quittung bekam. Was sonst konnte der Grund für die plötzliche Rückbeorderung aus dem Urlaub sein?
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag, Sir“, verabschiedete sich der Chauffeur und reichte ihm seine Reisetasche, bevor er in die Limousine stieg und sich wieder in den Verkehr der Park Avenue einreihte.
„Ob ich den haben werde?“ Stirnrunzelnd sah er zu den stockwerkhohen Fenstern zu seiner Linken, hinter denen sich das Arbeitszimmer seines Vaters befand. Mit gemischten Gefühlen blickte er zu dem doppelstöckigen Neo-Renaissance-Gebäude empor. Eine elegante Lady zwischen jungen Damen der Moderne. Vor etwas mehr als fünfzehn Jahren hatten seine Eltern dieses Haus erworben, und obwohl die Gartenanlage und der schmale Vorgarten gehegt und die Büsche gepflegt wurden, sah man der Villa ihr Alter an. Der Feinstaub der täglich vorbeirauschenden Autos hinterließ genauso seine Spuren auf den alternden Steinen, wie die unzähligen Tauben ihren weiß-gräulichen Dreck. Der Straßenlärm der Park Avenue drang ihm unangenehm in die Ohren und die Abgase stachen in der Nase.
Quelle: Daniela Blum „Strawberry Icing“

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, kann das Buch unter anderem bei amazon erwerben — und ist herzlich eingeladen, auch Feedback zu hinterlassen.

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