Indikatoren dafür, dass der Sommer jetzt tatsächlich da ist, sind nicht nur steigen Temperaturen. So wissen Bahnfahrer anhand von ausfallenden Klimaanlagen im ICE, wie das Wetter wird. Auch abstruse Zeitungsmeldungen weisen auf den Sommer und das berüchtigte Sommerloch hin.
Dazu dürfte wohl auch der Zwischenruf des Deutschen Tourismusverbands zählen, der sich für eine Verlängerung der Sommerferien ausspricht. Dies könne laut einer Studie,
zu tausenden neuen Jobs und immensen Einkommenssteigerungen im heimischen Gastgewerbe führen.
Quelle: n-tv
So richtig durchdacht ist das allerdings nicht. Schulferien sollten sich aus pädagogischer Notwendigkeit, nicht auf Grund wirtschaftlicher Erfordernisse ergeben. Der Deutsche Tourismusverband ist ein Interessenverband. Er vertritt nicht die Interessen von Schüler oder Lehrern, sondern der seiner Mitglieder. Man bekommt den Eindruck, hier geht es ausschließlich um einseitige Interessenpolitik.
Laut Paragraph 3, Absatz 1 des Bundesurlaubsgesetz beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 24 Werktage. Da ist noch viel Luft nach oben. Der Deutsche Tourismusverband sollte man durchrechnen lassen, wie viel Arbeitsplätze es schaffen würde, wenn der Mindesturlaub in Deutschland auf 48 Tage erhöht wird. Das wäre also noch ein viel besserer Ansatz als nur die Sommerferien. Denn auf der anderen Seite muss auch gefragt werden, welcher Schaden entsteht, wenn die Kinder noch länger, möglicherweise unbeaufsichtigt, zu Hause sind. Längere Schulferien nützen den Familien nur etwas, wenn sie auch länger in den Urlaub fahren können. Und das ist eben nur möglich, wenn auch der normale Arbeitnehmer einen höheren Urlaubsanspruch hat.
Der Steuerzahler, ob mit oder ohne Kinder, fragt sich schließlich, ob denn die Lehrer auch noch während der dann noch längeren Sommerferien vollständig bezahlt werden sollen. Und schließlich hat die Vorsitzenden des Kulturausschusses im Bundestag, Monika Grütter (CDU), im Mai angeregt, die Schulferien zu verkürzen – gerade auch, weil ihr die Sommerferien zu lang erschienen.
Bleibt man bei den Tatsachen, dann schrumpft die dpa-Meldung über die angebliche Aussage des Deutschen Tourismusverbands , die auch im Kölner Stadt-Anzeiger zu finden war, auf eine wesentlich weniger provokante Aussage zusammen. Auf der Webseite des Verbandes heisst es in der entsprechend Pressemitteilung:
Durch eine geschicktere Planung der Ferien könnten bis zu 15,6 Milliarden Euro mehr Umsatz und bis zu 250.000 zusätzliche Arbeitsplätze für den deutschen Tourismus entstehen
Der Verband bezieht sich hauptsächlich auf den so genannten Sommerferienkorridor. Um das zu verstehen, muss man sich allerdings mit der Materie etwas näher beschäftigen. Die Bundesländer selber legen ihre Schulferien grundsätzlich selber fest. Bei den Sommerferien jedoch übernimmt die Kultusministerkonferenz dies. Die Ferientermine werden langfristig vereinbart. Grundgedanke dabei war ursprünglich, eine Entzerrung der Ferienzeiten zu gewährleisten, so dass nicht bundesweit am selben Tag alle Familien mit schulpflichtigen Kinder im Auto zum Urlaubsziel aufbrechen würden. Eine auch verkehrspolitische Entscheidung um Staus zu vermeiden beziehungsweise abzuschwächen.
Daher gibt es den Sommerferienkorridor. Das führt zwar ab und an zu Unmut bei den Schülern, wenn die eine noch schwitzen während die anderen bereits morgens im Freibad sind. Oder wenn man erst Ferien hat, wenn das Wetter viel schlechter ist als noch vor einem Monat. In der Gesamtsumme ist die Idee nicht verkehrt. Der Deutsche Tourismusverband forderte eben diesen Sommerferienkorridor auszudehnen. Eine weitere Entzerrung also. Belegt wird das auch damit, dass der Korridor in den letzten Jahren zunehmen verengt wurde.
In wie weit eine Entzerrung im Rahmen der Sommermonate sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt, hat aber vor allem nicht grundsätzlich mit längeren Sommerferien zu tun.
2 Kommentare
Ich finde den Vorschlag gut; es würde zur Komplexitätsreduzierung beitragen und es gäbe dann nur noch zwei Jahreszeiten: Sommerferien (März bis September) und die andere Zeit, in der es Weihnachtsgebäck gibt. Mit Schule haben wir doch alle eher schlechte Erfahrung gemacht. Dort bekommt man unter Umständen „Bildung“, die dazu führen könnte, Forderungen von Lobbyverbänden kritisch zu hinterfragen.
Stimmt, in Schulen wird „Bildung“ vermittelt. Wobei das, was ein paar Lehrer darunter verstanden, ehedem unter das Betäubungsmittelgesetz fallen würde.