Vor ein paar Tagen in der Essener U-Bahn. Hinter mir ein lesender Postbote. Es war kein Buch, das er in der Hand hielt, sondern ein E-Book Reader. Das ungewöhnliche dran ist das normale daran. Immer häufiger fallen mir Menschen auf, die lesend unterwegs sind, aber nicht mehr ein gedrucktes Buch in der Hand halten. Der Vormarsch der elektronischen Geräte zum lesen scheint immer weiter voran zu gehen. Quer durch alle Berufsgruppen setzt sich diese Form des Lesens durch.
Deutlich erkennbar ist der Preisverfall bei den Lesegeräten, welche ein sogenanntes E-Ink Display haben. Mein etwas älteres Einsteiger-Modell von Sony hat damals 178 Euro gekostet. Zu diesem Preis erhält man mittlerweile schon die Oberklasse. An 50 Euro geht es bei aktuellen Modellen los. Gegenüber einem gedruckten Buch haben die Reader ein paar Vorteile. Sie sind leichter und man kann mehr als ein Buch mit sich herumtragen. Allerdings sind sie auch empfindlicher, wobei ich persönlich auch nie auf die Idee kommen würde, ein gedrucktes Buch mit in die Badewanne zu nehmen.
Das was ihnen wirklich fehlt, ist der Geruch von Papier. Gerade das gehört mehr noch als das haptische Gefühl beim umblättern der Seiten zum lesen dazu. Anders gesagt spricht vieles aus rationalen Gründen für E-Book Reader, während Gedrucktes immer die Sentimentalität vergangener Epochen anhängen wird. Auch wenn ich mittlerweile mindestens 80 Prozent der Bücher elektronisch Leser, liebe Büchereien und Buchhandlung. Die Art, wie Bücher dort im Regal stehen, das Leise Flüstern zwischen den Seiten, welches man manchmal, wenn man genau hinhört, kurz vor Ladenschluss vernehmen kann. Buchhandlungen sind magische Orte. Etwas, was Plattformen zum kaufen elektronischer Bücher nie sein werden, egal wie sehr sie sich anstrengen.
Mittlerweile ist mein E-Ink Reader lediglich das Zweitgerät. Lange habe ich überlegt, was für ein Modell ihn ablösen wird – ein Punkt, der an gedruckte Bücher geht, den hier ist eine technische Weiterentwicklung nicht nötig. So gern ich meinen Reader auch mag, mir fehlten ein paar Dinge. Kriterien, die vielleicht auch andere als Kaufentscheidung heranziehen können. Unabdingbar ist meiner Meinung nach ein Lesegerät, welches selber für Licht sorgen kann. Bei klassischen E-Ink benötigt man in der Dunkelheit immer noch eine Lichtquelle. Mittlerweile gibt es Reader wie den tolino shine, die ein integriertes Leselicht haben.
Was ich auch mag, ist eine große Buchauswahl, möglichst frei von Fesseln. Daher ist für mich jedes Gerät von amazon eine Sackgasse. Ich will mich nicht an eine Firma binden. Zu dem möchte ich Bücher, die egal in welcher Form ich sie erwerbe, auch wirklich besitzen und nicht nur lizensieren. Das Internet ist voll von Berichten, bei denen Kunden von amazon unvermittelt erlebten, wie schnell sich ihr virtuelles Bücherregal wieder geleert hatte.
Wer viel liest, sollte Wert darauf legen, Nachschub schnell und bequem auf sein Gerät zu bekommen. Umständliches Verbinden per USB-Kabel mit einem stationären Rechner unter Verwendung proprietärer Software trübt den Lesegenuss und sorgt dafür, dass der Reader irgendwo ungenutzt in der Ecke verstaubt. WiFi ist daher ein Muss, ein Slot für eine Speicherkarte ein netter Zusatz.
Über bleiben dann noch mehrere Faktoren, die den Ausschlag für einen ganz bestimmten Geräte-Typus geben. Legt man Wert auf lange Aukkulaufzeit, ein spiegelfreies Display und die Möglichkeit, im prallen Sonnenlicht zu lesen, geht die Reise Richtung E-Ink Display. Eine andere Option sind Tablet-Computer wie das iPad. Hier muss man Abstriche machen in allen den oben erwähnten Punkten. Lesen im prallen Sonnenlicht ist nicht möglich. Preislich spielen die Tablet-Computer auch in einer ganz anderen Liga. Dafür gewinnt man mit dem, was man sonst noch mit den Geräten machen kann – wer das nicht will oder möchte, ist mit einem E-Ink Gerät besser beraten.
Bei mir fiel die Entscheidung zugunsten eines iPad mini. Dafür gab es mehrere Gründe. Ich habe mein Leseverhalten genau beobachtet, auch die Erfahrungen mit dem E-Ink Reader einfließen lassen. In der prallen Sonne habe ich nie gelesen. Auch war ich nie so lange unterwegs, dass die Aukkulaufzeit ein Kriterium für mich ist. Mir fallen beim lesen häufig tausend Sachen ein, bei denen ich sonst immer das Buch aus der Hand lege und mir Notizen mache. In letzter Zeit sind es vor allem Notizen zum Buch selber. Durch das Schreiben bin ich aufmerksamer und neugieriger geworden. Analysiere einzelne Szene, mache mir Gedanken über die Sprache und die Art, wie der Autor seine Geschichte aufbaut. Häufiger entsteht daraus ein Blogartikel. Beim iPad mini habe ich die Möglichkeit, diese Notizen direkt auf dem Lesegerät zu machen. Und nicht nur das, ich kann die Informationen auch mit anderen Geräten synchronisieren. Zudem lässt es sich so einrichten, dass ich ein Buch auf dem iPhone genau an der Stelle weiterlesen kann, an der ich auf dem iPad mini aufgehört habe.
Meinen alten Sony Reader habe ich heute wieder zur Hand genommen, auch wegen dieses Artikels. Überrascht hat mich, dass er nach über sechs Monaten, in denen er ungenutzt rumlag, immer noch Strom hatte. Ein gutes Zweitgerät, von dem ich mich nicht trennen mag.
Abschließend noch ein Gedanke zu den magischen Orten, die durch den steigenden Verkauf elektronischer Bücher bedroht werden. Vielleicht sollten sich Verlage überlegen, ob man beim Kauf eines gedruckten Buches nicht gleichzeitig die E-Book Version kostenlos dazu bekommt. Als Leser bezahle ich doch hauptsächlich für den Inhalt. Das E-Book als Dreingabe wäre daher mehr als nur eine nette Geste. Es würde dazu führen, dass man seinen Lesestoff in der Buchhandlung kauft und je nach Tageslaune entscheiden kann, wo und wie man liest.
2 Kommentare
Das sehe ich im Grunde genauso. Mit dem Unterschied, dass die Akkulaufzeit bzw. Energieeffizienz für mich schon eine Rolle spielen könnte. Vielleicht ist die Technik ja irgendwann soweit, dass es diese Geräte auch im Solarbetrieb geben wird, so dass sie bei Tageslicht ihren Strom davon beziehen… Das wäre sicherlich optimal.
Die Lesbarkeit bei verschiedenen Lichtverhältnissen ist natürlich auch wichtig, da man sich diese gerade unterwegs nicht immer aussuchen kann.
Unflexible E-Book-Anbieter wie Amazon, die obendrein womöglich bereits erworbene Produkte wieder löschen, kämen für mich zum Kauf von E-Books auch nicht in Frage. Ich frage mich nur, warum immer noch so viele Autoren ihre Werke dort anbieten. Als Autorin würde ich jedenfalls nur dort und so E-Books veröffentlichen, dass es auch aus Lesersicht vorteilhaft ist. Dazu gehören nun einmal möglichst universelle Formate und zuverlässige Verfügbarkeit.
Deine Lösung mit dem Ipad mini, mit der auch Notizen gemacht werden können, ist auch ein Argument. Nicht jeder einfache E-Book-Reader verfügt wohl über diese Möglichkeit; und den großen Laptop würde ich auch nicht ständig für das E-Book-Lesen herausholen wollen.
Ich bin auch der Meinung, dass man beim Kauf des Buches das E-Book kostenlos dazubekommen sollte. Der Inhalt ist und bleibt ja derselbe (es gibt also objektiv gesehen aus meiner Sicht keinen Grund, weshalb man es zwei Mal bezahlen müsste), nur dass man so die Wahlmöglichkeit hätte, wie man es in der jeweiligen Situation lesen möchte. Ideal wäre es, wenn das auch rückwirkend für bereits in der Vergangenheit erworbene Bücher möglich wäre.
Das ist nämlich ein Grund, warum ich bis jetzt kaum E-Books nutze: Vieles habe ich noch in gedruckter Form und würde ich auch nicht doppelt kaufen wollen.
LG Karin
Bei mir gaben die Umzüge in letzter Zeit und übervolle Bücherregale den Ausschlag fürs E-Book. Es ist wirklich schön, gedruckte Bücher im Regal zu haben, aber der Platz ist immer auch begrenzt. Bücher wegzugeben, damit tue ich mich immer sehr schwer. Die elektronischen Bücher nehmen keinen Platz weg. Und aus der Phase, wo ich unbedingt Raumschmuck zum Vorzeigen benötige, bin ich mittlerweile raus ;-)
Bei amazon zu veröffentlichen kann ich nicht nachvollziehen. Sicher, die Margen sind nicht schlecht, aber sich an einen Konzern zu binden, der seine Angestellten so schlecht bezahlt, das möchte ich auf keinen Fall. Viele Selfpublisher bei amazon neigen auch dazu, ihre eigene Arbeit unter Wert zu verkaufen, wenn nicht sogar zu verramschen. Dafür schreibe ich nicht.