Letztes Jahr im Oktober hatte ich hier im Blog über das Buch „Kleine Aster“ von Moritz Wulf Lange berichtet. Jetzt liegt mit „Kalter Abgrund“ Dallingers zweiter Fall hinter mir.
Auf dem Buch steht Roman, nicht Krimi. Das ist auch ganz gut so, denn ein Krimi ist „Kalter Abgrund“ nicht, obwohl ein Mord geschieht und es um seine Aufklärung geht. Sprachlich – abgesehen von den Dialogen – befindet sich auch der zweite Fall des Privatdetektivs Dallinger auf gleicher Höhe wie der erste Band , an den „Kalter Abgrund“ unmittelbar anknüpft. Leider sind erschöpfen sich darin auch schon die Gemeinsamkeiten. Während die Spannung in „Kleine Aster“ auf einem konstanten Niveau bleibt, hat „Kalter Abgrund“ erheblich Länge, wo auch die Handlung mitunter komplett durchhängt. Im Vordergrund stehen die Beziehungsprobleme von Dallinger. Mitunter wird der Leser auch dadurch gequält, dass die Hauptfigur in bestimmten Situation durch ihre Handlungsweise völlig unnötig für die Verschlechterung der Beziehung zu anderen Figuren sorgt.
Der Inhalt des Romans lässt sich wie folgt zusammen fassen: Ina, die Ex-Freundin von Michael Dallinger stirbt durch den Sturz von einer Brücke in Berlin. Die Polizei geht von Selbstmord aus, Dallinger bezweifelt das und ermittelt auf eigene Faust. Immer wieder reflektiert Dallinger dabei seine Beziehung zu Ina und stellt fest, dass er doch nicht so viel über sie wusste wie er dachte. Auf der Strecke bleibt dabei seine Beziehung zu Anke. Gerade die Art und Weise wie das passiert, ist höchst ärgerlich. Die Fehler die Dallinger macht, sind Fehler, die die Figur nicht machen würde, wenn nicht Wulf Lange sie mit Gewalt dazu triebe. Dallinger wirkt dadurch wie eine Marionette, die dem Willen des Autors gehorcht und nicht wie eine vielschichtige Figur. So werden die Möglichkeiten der Figur leider verschenkt.
Allein der Ex-Polizisten Czeska, der in einer nicht unwichtigen Nebenrolle auftaucht, scheint aus Fleisch und Blut zu sein. Er ist in „Kalter Abgrund“ die Figur, die Wulf Lange am besten gelungen ist. Der positive Eindruck wird leider dadurch getrübt, dass Czeska als Motor der Handlung benötigt wird. Ohne ihn wäre die Geschichte wahrscheinlich schon nach 100 Seiten versandet.
Die Dialoge im Buch sind über weite Teile von einer einschläfernden Banalität:
„Wie war dein Vortrag?“
„Ist prima gelaufen. Mehr später. Mein Akku ist fast leer.“
[…]
„Willst du erst mal zu dir? Oder kommst du her?“
„Hast du was zu essen da?“
„Lässt sich machen“
„Na, dann bis gleich.[…]“
In Schreibratgebern würde so was als Beispiel dafür auftauchen, wie man es nicht machen sollte.
Das Ende des Romans kommt nicht überraschend, aber mit der Gewalt eines Holzhammers. Es wird zwar ein Mörder präsentiert, der für Dallinger in Reichweite war, trotzdem wirkt das Ende alles andere als plausible. Der „rote Hering“ mit den Medikamenten ist auch eher etwas, was schon viel zu lange in der Auslage eines Fischgeschäftes gelegen hat. Beim erneuten lesen des Prologs drängte sich mir auch der Eindruck eines nachträglich vorgesetzten Anfangs auf, der erst dann geschrieben wurde, als sich der Autor am Ende darüber klar war, wie das Buch wirklich ausgehen wird.
Fazit:Während für mich „Kleine Aster“ noch Beispiel für einen besonders gelungenen Krimi war, ist „Kalter Abgrund“ das Gegenteil davon. Eine Fortsetzung, die enttäuscht und die Figur Dallinger ruiniert. Das von Dallinger nur noch wenig Substanz über bleibt, scheint auch Wulf Lange bewusst gewesen zu sein. Für einen möglichen dritten Band hat er dahingehen vorgesorgt, dass Dallinger Czeska als Ermittlungspartner zur Seite gestellt wird. Der titelgebende kalte Abgrund ist in jeder Hinsicht der, in den die Figur Dallinger selber blickt.