Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Kooperative Spiele. Für mich waren die früher ein rotes Tuch, was nicht zuletzt an Spielen wie „Sauerbaum“ und „Ökolopoly“ gelegen hat. Beides Spiele die typisch für die Zeit, Mitte der 80er Jahre, mit erhobenen Zeigerfinger daher kamen. Kooperative Spiele mussten eben auch immer pädagogisch wertvoll sein. So was machte beim spielen kein Spaß, sondern ging gehörig auf die Nerven. Alle Spieler verlieren, wenn das Kraftwerk in die Luft fliegt oder der Baum vom Sauren Regen zerfressen ist. Super Sache.

Der zweite Versuch von mir, dieser Art Spielen etwas abzugewinnen war dann im Jahr 2000, als „Herr der Ringe“ als kooperatives Brettspiel von Kosmos auf dem Markt kam. Meine Frau und ich waren uns recht schnell einig, dass zumindest wir an dem Spiel keinen Gefallen finden.

Vor zweieinhalb Jahren schließlich kaufte ich auf die Spielemesse in Essen „Pandemie“, auch wieder ein kooperatives Spiel. Es sollte gut sein, hatte ich gehört. Für mich war das nach den Vorerfahrungen kein Kriterium. Ausschlaggebend war einzig und allein der Umstand, dass es um Viren und Impfstoffe ging, ein Spiel wie geschaffen als Überraschung für eine Biologie-Lehrerin.

Entgegen den Erwartungen erwies sich das kooperative „Pandemie“ als wirklicher Knüller. Es gehört zu der Hand voll Spielen, die wir extrem häufig spielen und gespielt haben (bei fast 300 Spielen im Regal heisst das schon was). Entsprechend überdachte ich meine Haltung. Kooperative Spiele können also im Prinzip schon Spaß machen, es kommt nur auf den Mechanismus an. Und es empfiehlt sich, den Zeigefinger weg zu lassen (aus diesem Grund gibt es in der ersten Erweiterung zu Pandemie auch den Bioterroristen…).

Von meinen Kollegen zum Geburtstag ließ ich mir Anfang diesen Jahres die Legenden von Andor schenken. Wieder ein kooperatives Spiel, allerdings etwas anders als die, die ich bisher kannte. Man spielt eine von sechs Legenden, die aufeinander aufbauen. Das Spiel ist, wenn man so will, eine Art Rollenspiel-Kampagne, welches zwei bis vier Abenteurer gemeinsam bestreiten. Dabei spielt man gegen das Spiel, nicht gegen einen Spielleiter. Das finde ich vom Ansatz her besser für Brettspiele, da ich für meinen Teil es wenig amüsant finde, wenn ein Spieler (was in der Regel dann immer der Besitzer des Spieles sein wird) die Rolle des Bösewichtes übernimmt. Er ist nämlich nicht der Bösewicht, sondern eine Art Spielcomputer, der die Ereignisse und Figuren steuert, die sich gegen die Spieler richten.

Zurück aber zu den Legenden. Am Anfang war ich etwas abgeschreckt durch das Spielmaterial. Viel Pappe. Beim ebenfalls kooperativen Brettspiel „Die Zwerge“, welches meine Frau und ich uns auf der Spiel 2013 ansahen und es auch spielten, gab es richtig schön gestaltete Kunststofffiguren. Der großen Unterschied (bei einigen Gemeinsamkeiten) bei den Legenden von Andor ist jedoch, dass das Spiel wirklich gut funktioniert und nicht aufgesetzt wirkt wie „Die Zwerge“. Dort merkt man einfach die Romanvorlage im Hintergrund.

Das nunmehr fast zurück liegende Wochenende haben wir zu zweit für die ersten beiden Legenden genutzt. Die erste Legende haben wir in drei Spielen einmal geschafft, die zweit bei zwei Spielen ebenfalls einmal. Man muss wirklich gemeinsam gut überlegen und planen. Sicher, das Würfelglück ist auch entscheidend. Gut zu würfeln reicht aber nicht, wenn man das Ziel der Legende aus den Augen verloren hat und hinterrücks die Burg von Feinden gestürmt wird.

Wer sich wirklich mal auf ein kooperatives Brettspiel einlassen will, dem kann ich „Die Legenden von Andor“ wärmstens empfehlen. Auch deshalb, weil man im Prinzip sofort los spielen kann, auch wenn man das Spiel nicht kennt. Die erste Legende führt einen Stück für Stück durch die Grundregeln, die alle Spieler somit gemeinsam lernen. So was ist wirklich vorbildlich und sollte Standard auch für andere Spieler werden — es übertrifft noch die Schnellspielanleitung der ersten „Siedler von Catan“ Box, die damals wirklich einen Meilenstein setzte in Bezug auf Spielregeln.

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