Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In Familiengeschichten können sich auch großen Dramen über mehre Jahrzehnte widerspiegeln. Zwei Herren im Anzug ist dafür ein gutes Beispiel.

Bayern mit Untertitel

Es gibt Filme, die erwischen einen mit unglaublicher Wucht. Das Drama Zwei Herren im Anzug ist genau so ein solcher Film. Gestern Abend stieß ich im arte Magazin auf den Artikel zum Film und wird neugierig. „Kann man sich ja mal die ersten 10 Minuten ansehen“, sagte ich zu meiner Frau. Die war bereits nach 10 Sekunden am Anfang des Films skeptisch, weil sie irgendetwas mit Filmförderung im Vorspann las. Für sie eine Sigel für schwierige deutsche Filme, die wir seit einigen Jahren nicht mehr anschauen.

Wir hielten aber durch, sogar bis zm Ende. Genauer gesagt entwickelte Zwei Herren im Anzug einen unglaublichen Sog, der uns nicht mehr losließ. Nach dem Abspann saßen wir minutenlang schweigend auf dem Sofa. Die Story muss man erst mal verarbeiten.

Am Anfang legte wir jedoch eine kleine Pause ein, um uns zusätzlich den Untertitel anziehen zu lassen. Für jenseits des Weißwurstäquator Geborene ist der Dialekt mitunter schwer zu verstehen. Sich aber davon komplett abschrecken zu lassen, wäre ein großer Fehler.

Es wird ein Bogen gespannt, der vom ersten Anfang des Ersten Weltkriegs bis zur Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs.

 

Im Wasser sind Zwei Herren im Anzug

Rückblende mit Sturm

Suchbild für zwei Herren im Anzug

AAusgangspunkt des Drams ist bei Zwei Herren im Anzug die ausklingende Totenfeier für die Frau des Gastwirts Pankranz. Die letzten Trauergäste gehen, am Ende bleiben nur er und sein erwachsener Sohn im eigenen Gastraum zurück. Die Spannung zwischen den beiden ist auch für Zuschauer körperlich spürbar.

Pankranz liegt etwas auf der Seele, was wie über den Tod seiner Frau hinaus geht und seinen Anfang fand vor vielen Jahrzehnten. Sein älterer Bruder war Soldat im Ersten Weltkrieg und kam daraus mit einer Kopfverletzung zurück. In deren Folge wird Pankranz von seinem Vater, dem Wirt und Bürgermeister des Ortes, zu Übernahme der Gaststätte gezwungen. Dafür muss Pankranz seine Träume von einer Opernkarriere aufgeben.

Während Pankranz erzählt, tauchen nicht Rückblenden nicht nur die titelgebenden zwei Herren im Anzug immer wieder unterschiedlichen Rollen auf, sondern er wird auch immer wieder von seinem Sohn Semi unterbrochen. Der macht ihm schwere Vorwürfe. Semi hat selber ein sehr schweres Bündel zu tragen. Beiden Männer am Tisch ist aber nicht klar, was sie genau belastet. Das Trauma ist verschüttet und kommt erst nach und nach zutage.

Was tatsächlich Pankranz zum Selbstmordversuch 1954 trieb und seinen Ekel vor Semi auslöst, trifft die Zuschauer mit einem harten Schlag.

Unbedingt sehenswert

Bis zum 16.10 besteht noch die Möglichkeit, zwei Herren im Anzug kostenlos in der Mediathek von arte anzuschauen. Der Film ist unbedingt sehenswert. Es ist eine gelungene Auseinandersetzung mit der Frage nach Schuld, der eigenen, gewählten Opferrolle und die Leugnung dessen, was wirklich passiert ist. Dabei sind die Figuren Pankranz und Semi auch als Stellvertreter zu lesen.

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