Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Zu Recht steht der Braunkohletagebau für eine rückwärtsgewandte Energiepolitik. Die drohende Abholzung des Hambacher Forst ist daher ein Skandal.

Braunkohle-Dinosaurier

Man muss etwas in den Archiven wühlen, um auf alte Kampagnen des Stromkonzerns RWE zu stoßen. So bemühte man sich vor über zehn Jahren um einen Image-Wechsel und machte „voRWEgehen“ sogar zum Logo-Bestandteil. Dabei ging man nicht vorweg beziehungsweise voran, wie es korrekt heisst, sondern verharrte weiter in der Vergangenheit. Nach wie vor ist RWE der größte Nutzer von Braunkohle zur Stromerzeugung in Deutschland. Eine Art der Stromgewinnung, die in mehrfacher Hinsicht mit einer erheblichen Belastung für die Umwelt verbunden ist. Der Braunkohleabbau zerstört riesige Flächen. Im fallen nicht nur Wälder wie der Hambacher Forst zum Opfer, sondern Dörfer und Gemeinden, die dem Erdboden gleich gemacht wurden und werden.
Vor drei Jahren spaltet man die Geschäftsfelder neu auf und gründete die Tochtergesellschaft innogy. Dort ist auch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beheimatet. Die Altlasten (unter anderem die Atomkraftwerke) und konventionelle Stromerzeugung dagegen liegen bei der RWE AG. Kein dummer Schachzug. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Um zu erkennen, dass nur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien eine Zukunft hat, muss man weder Experte noch Prophet sein.

Symbolbild Hambacher Forst

Symbolbild Hambacher Forst

Tränen für den Hambacher Forst

In den vergangenen Tagen habe ich viele Artikel über den Hambacher Forst gelesen, auch Aufrufe für seinen Erhalt. Natürlich hat RWE eine Genehmigung, ihn abholzen zu lassen und dann die Erde zur Braunkohlegewinnung aufzureißen. Eine Genehmigung aus einer anderen Zeit. Mir kommt es in etwa so vor, als wenn man ein Schiff auf einen ganz bestimmten Kurs steuert. An diesem beibehält, egal was sich inzwischen verändert hat. Ein riesiger Tanker nimmt mit voller Fahrt Kurs auf einen Eisberg. Dieser riesige Tanker ist RWE. Allerdings wird der Konzern nicht nur den Tanker versenken, sondern auch unsere Zukunft. Jedes Stück Wald, welches unsinnig gerodet wird, ist ein Stück zu viel. Das die Rodung des Hambacher Forst unsinnig ist, dürfte jedem vernünftig denkenden Menschen klar sein. Aber es geht in der Sache nicht um Vernunft, sondern um Gewinne.
Auf diese Weise könnte man weiter moralisieren und im Stromkonzern den großen bösen Gegner sehen. Was er sich zum Teil auch ist. Jede Seite hat aber auch immer zwei Medaillen — oder so ähnlich. Mich persönlich verstören die Bilder von Familien mit Kindern, die unterwegs sind zum demonstrative Waldspaziergang im Hambacher Forst genau so wie die zum Teil gewaltsame Räumung des Forstes durch die Polizei. Warum? Weil der Hambacher Forst zu einem Symbol geworden ist. Man kann sich ein wenig umweltbewusst gegen, wenn man mit dem Auto dorthin zum demonstrieren fährt.

Braunkohletagebau

Verlorene Solidarität

Das der Hambacher Forst dem Braunkohletagebau weichen wird, ist keine Neuigkeit. Es steht bereits jahrelang fest. Den Umweltschützern vor Ort, die sich in Baumhäusern dort eingerichtet haben, fehlte es lange an breiter Unterstützung. Sie waren nur eine Kurznotiz in der Zeitung. Erst jetzt finden sie wirklich Gehör — weil es Bilder gibt, die mehr als nur Wald und ein paar darin ausharrenden „Spinner“ gibt. Der Widerstand ist im Mainstream angekommen. Was vorher alles passiert ist, war den meisten die jetzt fleißig schreien, egal.
Genau das ist es, was mich ärgert. Ebenso macht es mich wütend, dass es nur ganz wenige interessiert hat, was vorher bereits alles dem Braunkohletagebau zum Opfer gefallen ist. Man sollte sich mal bei Wikipedia die Liste der abgebaggerten Ortschaften ansehen . Dahinter stecken Lebensschicksale. Im Kölner Stadt-Anzeiger gab es vor ein paar Jahren eine ganze Serie über Umsiedlung nach Manheim-neu und Schicksale der Bewohner im alten Manheim. Tausende Demonstranten aus allen Teilen des Landes hat man dort nie gesehen. Allerhöchstens ein paar Schaulustige. Wirklich jeder konnte sich seit Jahren schon online auf der Karte und Satellitenbilder ansehen, wie sich der Braunkohletagebau um Haibach weiter in die Landschaft frisst. Protest auf den letzten Drücker wirkt auf mich ein Stück weit verlogen.

Eine Antwort

  1. Der Wahrheit verpflichtet

    Photovoltaik-Anlagen und Windkraft-Anlagen erzeugen Strom nur stoßweise und in Abhängigkeit von den natürlichen Begebenheiten. Sie erzeugen damit keine konstante Energiemenge und sind somit nicht grundlastfähig. Das ist nun mal eine Tatsache, die sich nicht wegreden läßt. Somit bleiben nur 2 Möglichkeiten:
    Entweder man überbrückt Schwachlast-Zeiten mit Enegriespeichern (die man in Starklast-Ziten füllt) oder aber in Schwachlastzeiten gehen teilweise die Lichter aus. Um diese Erkenntnis führt nun al kein Weg herum.
    Eine Energewende hin zu Windkraft und Sonnenernergie ist somit keine Frage der Energieerzeugung, sondern eine Frage der Speicherung. Damit steht und fällt eine solche Energiewende. und solange dieses Problem nicht gelöst ist, kommen wir um fossile Energieträger wie eben Kohle nicht umhin, wenn wir eine sichere und stabile Energieversorgung wollen.
    Moderne Energiespeicher wie z.B. Pover2Gas oder auch die Brennstoffzellen-Technik standen aber vor wenigen Jahren noch ganz am Anfang – einfach weil die technische Entwicklung noch nicht so weit war. Selbst jetzt sind sie technisch noch nicht so ausgereift, daß sie im großen Maßstab anwendbar sind. Das ist nun mal leider die bittere Wahrheit.
    Da blieben bzw. bleiben also als sichere und im großen Maßstab anwendbare Speichermöglichkeit lediglich Pumpspeicherwerke.
    Weil das in meine Studentenzeit fiel, kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, daß es in den 90-er Jahren den Vorschlag gab, Pumpspeicherwerke zu errichten und diese mit aus Sonnenenergie und Windkraft gewonnenem Strom zu befüllen, um auf diesem Wege Schwachlastzeiten bei der Erzeugung zu überbrücken. Das war unter Fachleuten auch weitgehend als vernünftige, technisch praktikable und ökonomisch vertretbareVariante zum Ausstieg aus den konventionellen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas weitgehend anerkannt.
    Jedoch war es seinerzeit genau die Umwelt-Lobby, die das unter Hinweis auf die ökologischen Eingriffe bei der errichtung von Punmspeicherwerken abgelehnt hat. Auf den jahrelangen Streit um die Errichtung des Pumpspeicherwerkes Goldisthal in Thüringen sei hier stellvertretend verwiesen.
    Es war also gerade die Umweltlobby mit dem BUND als Wortführer, die seinerzeit den Beginn einer technisch praktikablen und vernünftigen Energiewende weg von den fossilen Energieträgern erfolgreich vereitelt hat. Genau dieselbe Umweltlobby, die sich jetzt über die kohle-Verstromung die damit verbundenen Umweltschäden beschwert.
    Das muß einmal ganz klar so gesagt werden, wie es ist – auch wenn das vielen nicht gefallen wird.
    Aber Halbwahrheiten sind nun mal die schlimmeren Lügen – eine verzerrte oder entstellte Wahrheit und mindestens eine ganze Lüge dazu.
    Das sollte sich jeder mal vergegenwärtigen, denn alles andere ist bei Lichte betrachtet Selbstbetrug.
    Und Selbstbetrug ist bekanntlich dann am schönsten, wenn man ihn mit möglichst vielen teilen kann.

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