Es gibt Filme wie Grand Budapest Hotel, bei denen man sich wundert. Wundert, warum man sie eigentlich so lange nicht gesehen hat.
Drei Jahre Verzögerung
Mit einer Verzögerung von drei Jahren haben meine Frau und ich endlich Grand Budapest Hotel gesehen. Ursprünglich war das lediglich ein Ersatz für die Netflix-Serie The Punisher, die wir nicht mehr weiter sehen wollten — ich schrieb ja bereits gestern darüber. Auf unser iTunes-Liste befindet sich noch der eine oder andere Film, den wir bisher nicht gesehen haben. Vieles davon hat keine besonders hohe Priorität, was auch daran liegt, dass es hier zu Hause ein besonderes Faible für Science Fiction und Fantasy gibt — eigentlich, jedenfalls. Komödien sind eher weniger mein Ding. Hier vermute ich stark ein vorhanden Trauma auch deutsche „Komödien“, die eigentlich immer den Beweis erbringen, dass man hierzulande davon die Finger lassen sollte. Ganz klar, andere wie etwa die Franzosen verstehen es deutlich besser.
Abgesehen davon würde ich, anders als Wikipedia, Grand Budapest Hotel nicht als Komödie bezeichnen. Das passt einfach nicht. Der Film entzieht sich eigentlich eine Festlegung auf bestimmte Kategorien. Eher ist er ein Gesamtkunstwerk, was gerade durch Stil und Erzählweise naheliegen würde.
Zeitebenen in Grand Budapest Hotel
Der besondere Trick im Grand Budapest Hotel sind die unterschiedlichen Zeitebenen, die wie Klammern um die Haupthandlung wirken. Der Einstieg ist eine junge Frau, die zu einem mit Schlüsseln behängten Denkmal geht, auf dem eine Büste steht. Auf dem Schild darunter steht lediglich „Autor“. Sie hängt auch einen Schlüssel auf und schlägt dann, sich auf eine Bank setzend, ein Buch auf — diese teilt mit dem Film den Titel.
Daraufhin beginnt eine Reise in die Vergangenheit. Man erfährt vom Autor des Buches über seine frühere Schreibblockade. Anscheinend spricht er zur Kamera, wird aber von seinem kleinen Sohn gestört. Gemeinsam mit dem Autor springt man zu seinem jüngeren Ich, welches sich zur Bekämpfung der Schreibblockade eine Auszeit in einem abgelegenen Hotel genommen hatte. Es ist, ganz zufällig natürlich, das Grand Budapest Hotel. Dort trifft der Autor auf den Besitzer des Hotels, der ihm bei einem gemeinsamen Abendessen seine Geschichte erzählt. Das ist dann die eigentliche Haupthandlung.
Krieg und Erbschaft
Ohne besonders viel zu verraten: Es geht um einen Lobby Boy (aus dem später der Besitzer des Hotels wird), seinem damaligen Vorgesetzten, dem Concierge Monsieur Gustave, älteren Damen und eine Erbschaft. Das ganze spielt in einer Zwischenkriegszeit in einem fiktiven Land. Die später eindringenden Besatzer erinnern allerdings verdächtig stark an Deutsche, die schwarzen Uniformen der Sondereinheit Zack Zack — nun ja, kann man sich vermutlich denken. Trotz einiger Tragik verliert der Film nicht seine Leichtigkeit, wird aber auch nie flach. Die unterschiedlichen Zeitebenen bekommen zudem noch ihren besonderen Lock dadurch, dass das Bildformat wechselt.
Die Rollen im Film sind hochkarätig besetzt. Jeder gibt spürbar sein Bestes, um aus Grand Budapest Hotel etwas besonders zu machen. Die lobenden Töne etwa in der Süddeutsche Zeitung gab es zu Recht. Man sollte daher nicht den Fehler machen, den Film nicht zu sehen. Wir jedenfalls haben uns gefragt, warum wir Sol lange gebraucht haben, um dieses Juwel zu entdecken.