Sucht man im Internet lediglich nach dem Stichwort wargames landet man mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst beim gleichnamigen Film aus den 80er Jahren. Mit dem deutschen Begriff „Kriegsspiele“ findet man vor allem merkwürdige Browserspiele. Mit wirklichen Konfliktsimulation hat beides wenig zu tun.
Wer ahnungslos weiter sucht, landet zwangsläufig dann bei den Computerspielen wie „Call of Duty“, „World of Tanks“ oder ähnlichem. Zu manuellen wargames gibt es erhebliche Unterschiede. Selbst dann, wenn ein Computerspiel erwischt, welches ziemlich genau so funktioniert wie ein Brettspiel — ein Beispiel dafür wäre das bereits erwähnte „Battle of the Bulge“ für iOS.
Wargames versus Computerspiele
Die eine Kategorie Spiele zu verwenden um die andere zu erhöhen, davon halte ich grundsätzlich nichts. Auch wenn ich selber zur Zeit keine Computerspiele mehr spiele, kenne und schätze ich ihre Faszination — bei Mass Effect: Andromeda kann man schon mal schwach werden. Genau so halte ich 3D-Shooter nicht prinzipiell für verwerflich. Sie ermöglichen eine Immersion in eine virtuelle Schlacht. Möglicherweise sorgt sie vielleicht sogar für etwas Verständnis. Die Simulation kann durch die fortgeschrittene CPU-Leistung extrem realistisch sein, obwohl dem einzelnen Spieler wenig abverlangt wird. Er muss lediglich die Steuerung seines Avatars beherrschen.
Nicht unwesentlich anders ist es beim erwähnten „Battle of the Bulge“. Man kann sofort loslegen, benötigt weder Regeln noch Tutorial – auch wenn das möglicherweise nicht zum Sieg über die KI führen wird. Das Tutorial selber erklärt einem, wie man spielt, was eigentlich völlig ausreicht. Bei „Battle of the Bulge“ gibt es allerdings noch eine Besonderheit, in Anlehnung an manuelle wargames. Unter „Help“ kann man das vollständige Handbuch einsehen und findet dort auch die Berechnungsgrundlagen für all die Dinge, die einem die CPU abnimmt. Gelände Tabellen, Erkältung zu Versorgungslinien, Stärke des Verteidigers und ähnliches.
Bei einem manuellen wargames muss man sich um alles selber kümmern, hier nimmt einem kein Computer etwas ab. Innerhalb der Szene gibt es eine deutliche Mehrheit von Spielern, die genau das befürworten und Assistenz durch einen Computer ablehnen.
Regeln verschaffen Einblicke
Wie Philip Sabin in „Simulating War: Studying Conflict through Simulation Games“ schreibt, sorgt der andere Zugang zu den manuellen Konfliktsimulationen zu einer ebenfalls anderen Art von Verständnis. Sich durch über 60 eng bedruckte Seiten Regeln zu kämpfen ist der Normalfall. Anders als bei den Umsetzungen am Computer reicht es nicht aus, wenn man nur einen Teil gelesen und verstanden hat. Man muss alles lesen und verstehen, um das Spiel spielen zu können. Letztendlich begibt man sich als Spieler auf die Ebene des Designers eines wargames. Wie Sabin meint, kann man damit im Prinzip bereits selber eine Konfliktsimulation erstellen.
Beispiel „Fields of Despair“. Hier finden sich zwei Hefte in der Schachtel. Einmal die „Rules of Play“ und zusätzlich das so genannte „Playbook“. Zusammen ergeben sie 64 Seiten. Wenn man nicht einen guten Erklärer dafür findet, muss man sich durch das Papier beißen. Dann aber erlebt man, wie die einzelnen Elemente ineinander greifen. Man hat vor sich das Spielbrett und sieht das komplexe Modell, welches über die Regeln zum Leben erweckt werden kann. Genau das ist es, was mich an den wargames ebenfalls reizt. Eine Simulation zu durchdringen.
Im Übrigen fiel mir bei der Auseinandersetzung mit dem Thema auf, dass es in meiner Spielesammlung schon sehr lange eine Simulation gibt. Ein Spiel, was man sicherlich heute nicht mehr bei „Ravensburger“ herausbringen würde: „Ökolopoly“ von Frederic Vester. Auch hier geht es um ein Modell. Eine Simulation, die Zusammenhänge in einer fiktiven Gesellschaft verdeutlichen soll. Die Einflüsse von Umwelt, Politik und gesellschaftlicher Entwicklung werden anschaulich und gleichzeitig abstrakt deutlich.