Entscheidung lassen sich auf einfache Weise auch durch das bekannte Spiel „Schere, Stein, Papier“ herbeiführen. Schere schlägt Papier, Papier schlägt Stein und Stein schlägt Schere. Hört sich einfach an, dahinter steckt aber, wenn man dem Wikipedia-Eintrag Glauben schenkt, eine Menge Psychologie.
Ein wenig erinnert das Spiel an die gestern erfolgte Wahl des Bundespräsidenten, auch wenn die Bundesversammlung keine Option ist, auf einfache Art und Weise eine Entscheidung herbeizuführen. Zumindest dann nicht, wenn man die gesamten Diskussionen im Vorfeld mitzählt. Wessen Kandidat in der Bundesversammlung das Rennen machen wir, stand zwar schon vor der eigentlichen Wahl fest. Wer diese Kandidat aber sein würde, war lange Zeit die große Unbekannte. Nicht das es an Möglichkeiten gemangelt hätte. Eher verhielt es sich so, dass viele bereits im Vorfeld abgewunken hatten.
Ja, selbst der derzeit noch amtierende Bundespräsident Joachim Gauck wollte nicht erneut antreten, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte. Erst im November vergangene Jahres wurde so richtig laut ein Kandidat vom damaligen SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel ins Spiel gebracht. Der Genosse Fank-Walter Steinmeier. Die CDU sprach sich recht zugzügig ebenfalls für Steinmeier aus. Meine damalige Einschätzung finde ich nach wie vor zutreffend. Irgendjemand musste gefunden werden für den frei werdenden Stuhl. Aber ausgerechnet Steinmeier? Jetzt, nach erfolgreicher Wahl, halten ihn viele für einen geeigneten Bundespräsidenten. Das sagt aber leider nichts darüber aus, ob es nicht einen besseren gegeben hätte, wie zum Beispiel Norbert Lambert — obwohl der zu denen gehörte, die nicht wollten.
Neben meiner Skepsis geblieben ist auch die Frage, ob das gesamte Wahlverfahren nicht antiquiert ist. In der Bundesversammlung wählen Mitglieder des Bundestages und eine gleiche große Menge an Vertretern aus den Bundesländern den Bundespräsidenten. Die Gruppe der Vertreter aus den Bundesländern ist es, an der ich mich stoße. Während es lediglich Abgeordnete aus den entsprechenden Landtagen, ok. Die „Wahlfrauen und Wahlmänner“ aus den Landtagen müssen aber nicht unbedingt Abgeordnete sein, sondern das können im Prinzip alle Personen sein, die das passive Wahlrecht besitzen. So könnte zum Beispiel Veronica Ferres für Nordrhein-Westfalen in die Bundesversammlung gelangen. Veronica Ferres? Moment, wohnt die überhaupt in NRW? Die Frage stellt sich im Prinzip nicht, denn laut Wahlrecht ist das für die Wahl einer Person zur Bundesversammlung unerheblich.
Genau so unerheblich ist anscheinend die Qualifikation. Ferres wurde von der CDU in NRW in die Bundesversammlung geschickt und man darf sich zu recht fragen, warum sie und nicht man selber. Grundsätzlich aber sollten man überlegen, warum wir Bundesbürgerinnen und Bundesbürger überhaupt in solcher Form entmündigt werden und nicht wie in Österreich selber über unseren Bundespräsidenten abstimmen dürfen. Traut man uns so viel Demokratie nicht zu? Sind wir zu blöd?
Möglicherweise besteht die berechtigte Angst, im Vorfeld bei der Kandidatenauswahl für das Amt des Bundespräsidenten (oder der Bundespräsidentin, für die es wirklich mal an der Zeit wäre) nicht mehr so kungeln zu können wie bisher. Man müsste dann wirklich den besten und aussichtsreichsten Kandidaten aufstellen.
Immerhin eines lässt sich positives über die gestrige Wahl sagen. Es war ein Durchlauf nötig. Ein Wahlgang reichte aus, um mit der deutlichen Mehrheit der Stimmen Steinmeier zum nächsten Bundespräsidenten zu küren. Schaut man sich die Stimmverteilung jedoch genau, trübt sich das Bild etwas. Das braune Gelumpe, welches sich selber als Alternative bezeichnet, kam in der Bundesversammlung auf 35 Sitze. Ihr Kandidat, Albrecht Glaser, erhielt jedoch 42 Stimmen. Mit anderen Worten: es gab ein paar Personen in der Bundesversammlung, die sich mit den Rechtspopulisten gemein gemacht haben. Unschön, so was.
Am Ende dann wieder die Frage. Trotz allem, wird Steinmeier ein guter Bundespräsident? Er ist nicht mein Wunschkandidat gewesen, aber immerhin, Gott sei Dank evangelisch. Mal im Ernst, man sollte ihm in jedem Fall eine Chance geben und nach dem beurteilen, was er im Amt leistet und bewirken kann. Über genügend Erfahrungen auf dem politischen Parket verfügt er in jedem Fall. Vielleicht ist er sogar ein Vorbote für einen politischen Umschwung in Deutschland, wie einige Genossen in der SPD glauben. Erst wird Steinmeier Bundespräsident, dann wird Martin Schulz Bundeskanzler. Und am Ende geht Sigmar Gabriel ins Dschungelcamp.
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