Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Eine Wahlempfehlung auszusprechen ist ein gewagtes Unternehmen. Insbesondere dann, wenn man dies als Mitglied einer Partei tut. Regelmäßigen Lesern dieses Blogs sollte aber hinlänglich bekannt sein, dass ich nicht blind alle Position der SPD übernehme.

Mitgliedschaft ist keine Ehe

Die Zugehörigkeit zu einer Partei oder zu einem Verein ist in vielerlei Hinsicht anders als eine Ehe. So bleiben zum Beispiel Fußballfans ein Leben lang ihrer Mannschaft treu, während sie möglicherweise bereits zum dritten Mal geschieden sind. Dabei ist der Austritt aus einer Partei erheblich einfacher als eine Scheidung. Sofern die „Beziehung“ zerrüttet ist, gibt man sein Parteibuch zurück. Schwierig wird es nur, wenn lediglich die Partei oder Teile von ihr der Meinung sind, man würde nicht mehr zueinander passen. Mann kennt so was, etwas bei Thilo Sarrazin.
Wie schnell man selber aus der SPD austreten kann, weiß ich für meinen Teil noch aus der Vergangenheit. Manchmal geht es etwas zu leicht und eine Art Bedenkzeit wäre besser. Das wäre an dieser Stelle aber ein ganz anderes Thema.

Wahlempfehlung für NRW

falco / Pixabay

Versuch einer neutralen Position

Sofern man keinerlei Übereinstimmung mit den Positionen seine Partei hat, sollte man wirklich austreten. Andernfalls lässt sich auch im Rahmen der Möglichkeiten gegensteuern. Und schließlich bleibt auch noch die mehr oder weniger stille „Innerparteiliche Opposition“. Dazwischen liegt ein breites Spektrum an Option.
Zurück aber zum Versuch einer Wahlempfehlung.
Mein Facebook-Profilbild habe ich in den vergangenen Tagen nicht mit einem Porträt von Hannelore Kraft ausgetauscht. Möglicherweise ist das bereits ein Hinweis. Etwa drauf, dass ich so was ziemlich albern finde. Auch Martin Schulz sehe ich nicht ähnlich, zum Glück.
Der SPD stehe ich trotzdem noch nah, weil ich an die hoffentlich noch vorhandenen sozialdemokratischen Grundwerte glaube. Jeder Versuch einer neutralen Position geht also immer von dieser Perspektive aus.

Keine konservative Wahlempfehlung

Von mir kann es daher nie eine konservative Wahlempfehlung geben. Und alles, was jenseits (also weiter rechts) der CDU liegt, ist für mich bereits indiskutabel. Zu Angela Merkel könnte ich an dieser Stelle etwas sagen, möchte mich aber bewusst auf Nordrhein-Westfalen beschränken. Auch hier ist eine Wahlempfehlung — wenn man von so etwas überhaupt sprechen kann — schwierig genug.
Die wohl wichtigste Empfehlung quer durch alle Parteiprogramme ist in jedem Fall, überhaupt zur Wahl zu gehen und einen gültigen Wahlzettel in die Urne zu werfen. Sonntags aufstehen und den Stimmzettel ungültig machen ist albern. Je Kreativität sorgt es allerdings auch für Belustigung bei den Wahlhelfern.

Eine eigene Position finden

Neben dem Gebrauch seines Stimmrechts wäre mein zweite Wahlempfehlung, erstmal unabhängig von allen Parteien eine eigene Position zu suchen beziehungsweise diese zu finden. Was ist einem wirklich wichtig? Welche politische und gesellschaftlichen Punkten stehen auf der eigenen Agenda ganz weit oben? Am besten nimmt man sich ein leeres Blatt Papier und schreibt das mit Bleistift rauf. Stichwörter reichen. Mit Bleistift deshalb, weil man mit Sicherheit noch radieren wird.
Sobald man glaubt, die wichtigsten Stichwörter (Steuersenkung, Sicherheit, Asylrecht, Kindergartenplätze etc.) auf dem Paris stehen zu haben, fängt das Streichen an. Da es um die Landtagswahl geht, fällt alles raus, was nicht Landessache ist.

Die eigene Checkliste

Asylrecht zum Beispiel oder Verteidigungspolitik sind Bundessache. Die Wahl in Nordrhein-Westfalen hat darauf keinen Einfluss. Parteien, die vorspielen man würde quasi auch darüber abstimmen, sollte man kritisch betrachten. Mit den übrigen Punkten muss man dann auch noch ins Gericht gehen. Passen beispielsweise Steuersenkung und kostenlose Kindergartenplätze zusammen? Auch hier wieder Obacht, welche Steuern das Land überhaupt erheben kann.
Bei mir stehen zum Beispiel Bildungspolitik, nachhaltige Wachstum und sozialer Zusammenhalt ganz oben  auf der Liste. Es sind alles Bereiche, wo die Landesregierung erheblich Einfluss hat.

Crashkurs Wirklichkeit

Mit der eigenen Checkliste geht man dann dran, die Parteiprogramm der Parteien, die zur Landtagswahl antreten, durchzuarbeiten. Das hört sich nach viel Arbeit an, ist es auch. Niemand behauptet, dass eine eigene Meinung zu haben leicht ist. Und niemand der sich ernsthaft mit Politik beschäftigt würde sich hinstellen und sagen, die Wahl wäre ja nur eben mal zwei Kreuze machen. Wahlrecht ist auch eine Verantwortung, erstmal vor sich selber und dann auch in Hinblick auf die Gesellschaft und nachkommende Generationen.
Die Wirklichkeit: es gibt keine einfache Wahlempfehlung, sondern nur den dringen Rat, es sich selber unbequem zu machen. Raus aus der Trägheit, selber denken!

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