Ein Boykott soll ein wirtschaftliches Druckmittel sein. Allerdings hängt es wohl in erster Linie davon ab, wie viele Personen sich einem Boykott anschließen. Unabhängig davon ist für mich ein Boykott immer auch eine Ausdrucksform. Ich für meinen Teil sehe darin die Möglichkeit zu signalisieren, dass ich mit etwas bestimmten nicht einverstanden bin. Wirtschaftlich bedeutet das in meinem Handel, online oder offline bestimmte Hersteller, Händler oder Restaurants zu vermeiden.
Die Gründe dafür können vielfältig sein. Monopolistisches Verhalten, die Privatisierung von Trinkwasser, inakzeptable Arbeitsbedingungen, mangelnder Umweltschutz oder fehlende hygienische Standards. Oder aber auch ganz persönliche Gründe.
Ja es stimmt, ich kann ziemlich nachtragend sein. Es gibt Ergebnisse, die bei mir zu einer anhaltenden Verstimmung führen. Dabei ist mir durchaus bewusst, manchmal auch einfach nur etwas in den falschen Hals (wer hat sich eigentlich diesen blöden Vergleich ausgedacht?) bekommen zu haben.
Aus diese Grund versuche ich, sofern es irgendwie möglich ist, von einer dritten Person auch noch mal ein Blick auf das Ganze werfen zu lassen. Unbeteiligt ist diese so genannte dritte Person eigentlich nie, denn andernfalls wäre das mit dem Beurteilen nur schwer möglich.
Seit ein paar Monaten harter ich schon mit mir, ob eine getroffene Entscheidung richtig war. Wie der Zufall so wollte, bekam ich in den vergangenen Tagen die dringend benötigte Einschätzung einer dritten Person (da meine Frau und ich uns mal wieder in der Sache einig waren, brauchte es wirklich eine reale dritte Person). Im Laufe eines längeren Gespräches wurde mir klar, wie verdammt richtig ich in meiner Einschätzung lag.
Zu den Dinge, die ich überhaupt nicht mag gehören: manipulatives Verhalten, Menschen gegeneinander ausspielen, Anvertrautes öffentlich machen, zu- beziehungsweise Abneigung nach Gutsherrenart (beziehungsweise abhängig davon machen, für wie nützlich man einen Menschen hält). Und ja, auch unbeantwortet E-Mails, die eine klar formulierte Frage enthielten, gehen mir enorm auf die Nerven. Anders, es verletzt mich.
Irgendwann gelange ich dann an einen Punkt, der einen Schlussstrich erfordert. Gemeinsam mit meiner Frau, die in solchen Fällen immer erster Sparringspartner ist, wenn es um das Abwägen von Argument geht, wird dann eine Entscheidung gefällt.
Wir trafen diese Entscheidung im sich zu Ende neigenden Sommer — jetzt wurde sie dann auch noch mal als richtig bestätigt. Ganz ehrlich, wem ich als Kunde offensichtlich völlig egal bin, wer sich kein Stück weit mehr interessiert und bemüht, hat mein Vertrauen verspielt. Vorort und auch darüber hinaus gibt es genügend andere Möglichkeiten, die weit mehr als nur ein Ersatz sind. Schade nur, dass negative Erlebnisse dann auch die schönen Momente in der Vergangenheit entwerten — entwerten deshalb, weil man ein Stück weit hinter die Fassade blicken konnte.
Nein, ich werde mich nicht laut äußern, auch meinen berechtigten Unmut nicht weiter tragen und erst recht keine Namen nennen. Es bleibt mein (fast) stiller, persönlicher Boykott.