Am Sonntag wurde 49 Menschen ermordet, weitere 50 zum Teil schwer verletzt. Sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort, könnte man sagen. Und schon in dieser Feststellung liegt eine Anschuldigung der Opfer. Der Täter richtete das Massaker im Nachtclub „Pulse“ in Orlando, Florida an. Dort trafen sich überwiegend homosexuelle Menschen. Sie waren nicht am falschen Ort, sondern an einem Ort, an dem sich ausgelesen feiern konnten, sich wohl und auch sicher fühlten.
Würde man tatsächlich behaupten, sie wären an am falschen Ort gewesen, dann schwingt damit etwas anderes, nämlich ein Vorwurf hinsichtlich ihrer sexuellen Präferenz. Man könnte auch sagen: „Wärst du nicht homosexuell gewesen, würdest du noch leben“.
Jeder Mensch auf dieser Erde sollte das Recht haben, einen anderen erwachsen Menschen unabhängig von dessen Geschlecht lieben zu dürfen. Die Liebe ist etwas wunderbares, einmaliges. Geschlecht spielt und darf keine Rolle spielen. Hass gegen homosexuelle Menschen darf ebensowenig toleriert werden wie Gewalt gegen sie. Mehrfach in diesem Blog habe ich mich zum Thema Homosexualität geäußert, insbesondere dann, wenn es um das Thema gleichgeschlechtliche Ehen ging — ich bin genauso dafür wie dafür, das homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen.
Der Hass des Attentäters ist kein Phänomen, welches sich einer bestimmten Glaubensrichtung zuordnen ließe. Er war Moslem, was aber weder seine Tat erklärt noch aus dem Islam heraus rechtfertigt. Die Ablehnung der Homosexualität gibt es auch in anderen Religionen, da ist das Christentum keine Ausnahme. Viele Kulturen und Länder habe es jedoch zumindest oberflächliche geschafft, sich von ihren falschen und überholten Vorstellungen zu lösen, offener und toleranter zu werden. Mit dieser Offenheit und Toleranz kam der Täter anscheinend nicht zurecht. Verschärft wurde sein Hass möglicherweise noch durch Selbsthass, wenn es stimmt, dass er selber homosexuelle Neigungen hatte.
Mehr und mehr gewinne ich den Eindruck, dass Religion sich aus dem Thema Sexualität heraushalten sollte. Und wenn es um Liebe und Nächstenliebe geht, dann sollte es allgemein gefasst sein. Religion darf insbesondere nicht als Vorwand und Rechtfertigung für die Tötung von Menschen dienen.
Das Attentat war grausam. Es zeigt auch etwas, was vielleicht auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Etwas was auch heterosexuellen Menschen zum Nachdenken bringen sollte. Menschen starben, weil sie aus sich des Täters anders waren. Am Sonntag war es die sexuelle Orientierung, beim nächsten Mal ist es der Glaube, die Hautfarbe oder eine andere Meinung. Das Attentat von Orlando richtet sich daher gegen uns alle.
Jeder von uns ist auf seine bestimmte Art anders. Für Fundamentalisten egal welcher Couleur ist das eine grundsätzliche Bedrohung. Sie wollen die totale Kontrolle über jeden Aspekt des menschlichen Lebens, auch über unsere Gedanken. Wenn wir aufstehen und der Opfer in Orlando gedenken, dann sollten wir das auch diesem Bewusstsein tun. Unsere Trauer muss zum Motor werden, dem Hass entgegen zu treten.