Bisher habe ich mich immer einer Illusion hingegeben. Wer lesen kann, der kann auch kochen. Davon war ich felsenfest überzeugt — na ja, fast jedenfalls. Im Grunde, so meine Annahme, ist ein Rezept nichts anderes als eine Anleitung. Zutaten, die man benötigt und eine Abfolge von Schritten, wie man aus diesen Zutaten ein schmackhaftes Gericht zaubert. Je weniger Zutaten, desto einfacher die Zubereitung. Auch so ein Irrglaube.
Zu den wirklichen Biester was die Punkte Zubereitung und Handling angeht, gehört der berühmt-berüchtigte Hefeteig. Mittlerweile glaube ich fast, ein zusätzliches Gen zu besitzen, was mir besonders Geschick im Umgang mit Hefeteig verleiht. Gut, ich übertreibe gerade etwas. Hefeteig ist, objektiv betrachtet, alles andere als einfach. Der Grund liegt auf der Hand. Hefe ist ein Pilz. Man hat es mit einer lebenden Kultur zu tun, genauer gesagt mit Mikroorganismen. Dabei ist Hefe eines der ältesten Helferlein der Menschheit und nützlich für viele Anwendungszwecke. Nicht nur beim backen, sondern zum Beispiel auch beim brauen von Bier.
Was letzteres angeht, habe ich bisher noch keine Erfahrungen sammeln können (wobei mich das Thema ziemlich reizt). Wohl aber in Bezug auf das Backen kann ich auf fast drei Jahrzehnte zurückblicken, in denen ich in Bezug auf Hefe immer wieder was dazu gelernt habe.
Wichtige Faktoren sind die Umgebungstemperatur, die Menge Flüssigkeit und vor allem Zugluft — die darf nämlich nicht vorhanden sein, wenn Hefeteig aufgehen soll. Wenn ich in der Küche stehe und Hefeteig zubereitet, sind die Fenster geschlossen. Wasser, welches zum Einsatz kommt in den Rezepten, ist bei mir immer lauwarm. Und niemals, wirklich niemals (es war auch ein langer Lernprozess) schütte ich das gesamte Wasser so fort in die Rührschüssel. Je nach Wetter, Temperatur, Luftdruck und weiteren mir unbekannten Faktoren benötigt der Hefeteig mal mehr, mal weniger Wasser. Ist einmal zu viel Wasser in der Rührschüssel, wird das nie ein fluffiger Teig. Man kämpft im Wechselspiel von mehr Mehl, noch mehr Wasser, bis man einen unhandlichen, klebrigen Klos hat. Also lieber von Anfang an aufmerksam das Wasser dosieren, bis der Teig packt. Die letzte Strecke bei der Zubereitung von Hefeteig geht man trotz aller elektronischer Helfer besser zu Fuß, beziehungsweise nimmt den Teig in die Hand und knetet ihn.
Auf diese Weise bekommt man auch ein Gefühl für den Teig und führt der Hefe nebenbei noch die richtige Wärme hinzu. Anschließend benötigt die Hefe Zeit für sich und den Teig alleine. Am liebsten ein Ort, wo es ruhig und sicher vor Luftzügen ist. Mein Lieblingsort ist der ausgeschaltete Backofen (der vorher nicht in Betrieb war). Ein Tuch über die Rührschüssel, ab in den Ofen und die Hefe ihren Job machen lassen. Je nach Rezept, Menge an Mehl und weiteren Zutaten ist das in der Regel ein Zeitraum zwischen 30 Minuten und einer Stunde. Ausnahme wie Kaltgärung im Kühlschrank lassen wir hier mal beiseite.
Anschließend mag es der Teig nicht, wüst gedrückt und gequetscht zu werden. Durch grobe Misshandlung drückt man die Gärungsbläschen aus dem Teig und sorgt nur dafür, ein weniger gut gelungenes Endprodukt zu bekommen. Wirklich Profis falten ihren Teig.
Im Ofen schließlich genießt der Teig gerne Ober- und Unterhitze statt Umluft. Dabei darf es auch gerne knackig heiß sein. Backzeit und Temperatur hängen hier von der dicke des Teigs und den weiteren Zutaten (Pizza etc.) ab.
Mit Faustformeln bei Hefe sollte man vorsichtig sein. Wer stets auf 500 g Mehl ein Päckchen Hefe verwendet, verpasst die Feinheiten. Bei schwäbischen Seelen kommt man bei der gleichen Menge Mehl mit gerade mal 5 Gramm Hefe aus. Die benötigt dann allerdings etwas mehr Zeit. Den Unterschied im Geschmack merkt man dem Endergebnis in jedem Fall an, denn Hefe, dass sollte man sich auch verdeutlichen, wirkt sich in jedem Fall auf den Geschmack aus. Kein Wunder, dass uns Hefe auch mehr oder weniger heimlich als Geschmacksverstärker in vielen fertigen Gerichten untergeschoben wird.
Zum Schluss des kleinen Hefe-Exkurses noch ein „Geheim“-Tipp. So genanntes Instant-Mehl wirkt Wunder. Ich benutze es nicht nur beim ausrollen auf der Arbeitsplatte, sondern auch zum Backen selber. Selbstgemachte Pita-Taschen werden dadurch besonders fluffig.
Eine Antwort
Das mit den Genen muss wohl stimmen. Liebe Grueße Mama