Jährliche Rituale dienen ein Stück weit auch der Rückversicherung. Man hat sich lieb, schätzt sich oder aber sie dienen dazu, Beziehungen zu festigen. Das können auch formale Beziehungen sein, wie etwa Beschäftigungsverhältnisse. Das Ritual mit dem wohl höchsten Stellenwert in unserer Gesellschaft ist das Weihnachtsfest, auch wenn es mitunter für einige von uns mit erheblichem Stress verbunden ist. Zum Begriff „Weihnachten“ fallen einem viele Bedeutungen, je nach Sozialisierung. Weihnachten kann sogar negativ besetzt sein, so dass einem schon der Gedanke an Glühwein, der für viele Erwachsen zur Adventszeit dazu gehört, einem Tränen in die Augen treibt.
Für mich ganz persönlich ist Weihnachten positiv besetzt, auch an die Feste früher als Kind erinnere ich mich fast ausnahmslos gerne. Aus der eigenen Erinnerung heraus bin ich jedes Jahr aufs neue bemüht, Weihnachten wieder zu einem Highlight im Jahr zu machen. Urlaub über die Feiertage gehört ist ebenso wichtig wie ein ganz bestimmte Menüreihenfolge. Der Heiligabend ohne selbstgemachte Rindfleischsuppe ist undenkbar, regelmäßig vorher bekomme ich ein leichtes Panikgefühl, ob denn alles so gelingt wie immer. Zu Weihnachten gehört es auch, mit meiner Frau spazieren zu gehen (am liebsten durch Schneelandschaften) und ausgiebig Zeit miteinander zu verbringen, gerne auch am Wohnzimmertisch mit neuen Brettspielen.
Verpackte Geschenke unter Weihnachtsbaum sorgen bei mir genau so wie früher, als ich noch Kind war, für ein Glitzern in den Augen. Die Vorfreude liebe ich, esse langsamer als sonst, um das Essen zu genießen und den Moment hinaus zu zögern, wenn die Geschenke geöffnet werden.
So gerne ich selber Geschenke bekomme (und mit Geschenke meine ich Geschenke, keine Gutscheine, die ich auf den Tod nicht ausstehen kann), so gerne schenke ich auch. Dabei verschenke ich, ohne die Erwartung, etwas im gleichen Wert oder überhaupt etwas zurück zu bekommen. Ich schenke, weil es mir Freude macht, anderen eine Freude zu machen. Es ist auch eine Art Ritual für mich. Mir Gedanken über den zu Beschenkenden zu machen, das Geschenkpapier passend auszusuchen und das Paket zu packen. Die Planung für die Geschenke beginnt bei mir in der Regel spätestens Mitte November. Seit ein paar Jahren gehören in das Paket auch selbstgebackene Plätzchen. Es sind die kleinen Dinge die Zählen, die Gesten. Weniger das, was das Geschenk an rein materiellen Wert hat.
Natürlich fällt es mir in bestimmten Zusammenhänge schwer, meinen Anspruch an das Schenken außen vor zu lassen. Besonders dann, wenn das Geschenk eine Art des Dankes und der Anerkennung sein soll (oder zumindest sollte). Dann schau ich schon mal genauer hin und lege, leider, alles auf die Goldwaage. Die Art der Weihnachtskarte spielt für mich eine genau so große Rolle wie der Umstand, ob sie von Hand geschrieben wurde oder nur ein gedruckter Einleger drin ist. Sofern das Geschenk einen beruflichen Kontext hat, spielt auch das Materielle eine Rolle. Ein Wenig schäme ich mich zwar für dieses Eingeständnis, aber es sei auf die Einleitung dieses Artikels verwiesen. Weihnachstgratifikationen sind schließlich auch eine Art Investition in die Zukunft und die Motivation der Mitarbeiter. Gutscheine sind in solchen Fälle akzeptable, auch wenn ich sie wie gesagt nicht mag. Allerdings sollten Gutscheine mit Bedacht ausgewählt werden. Nicht jeder Mann freut sich unbedingt über einen Gutschein von Douglas. Es könnte unter Umständen sogar als dezenter Hinweis auf Körpergerüche ausgelegt werden.
Was mir selber bei all der Schenkerei fremd ist: Geiz. Geiz und Unachtsamkeit. Gerne mach ich mir Gedanken über die Geschenke, wie bereits erwähnt und ebenso gerne halte ich mich nicht an Vereinbarungen, einen gewissen Rahmen einzuhalten. Wenn ich weiss, A hätte X lieber als das günstigere Y, was sich noch im Preisrahmen befinden, kaufe ich das X — weil ich es gerne tue, nicht um den Beschenkten in Verlegenheit zu bringen.