Als mittelbar Betroffener, als Ehemann, der mitgelitten und mitgefiebert, nachts nach geholfen hat, Unterrichtsmaterialen zu basteln, fällt es mir zugegen schwer, meine Wut in Zaum zu halten. Wie einigen Leserinnen und Lesern bekannt sein dürfte, arbeitet meine Frau seit nunmehr über vier Jahren als Lehrerin an einem Kölner Gymnasium. Quereinsteiger, so habe ich manchmal durchblicken lassen, haben es dabei nicht leicht — wenn sie denn ihr zweites Staatsexamen nachholen wollen. Besonders dann, wenn sie über einen Diplomabschluss verfügen und mitten im Leben stehen.
Um für, welche in den letzten Tagen wie ich mitgefiebert haben, etwas die Spannung herauszunehmen: nein, es ist leider nicht gut gelaufen. Es wird in die zweite Runde gehen, davon wird meine Frau Akteneinsicht beantragen und möglicherweise die Note anfechten. Der Fachleiter hatte sich bereits vor den Sommerferien zum Ziel gesetzt, meine Frau durchfallen zu lassen. Daher wollte er sie auch dazu überreden, erst gar nicht an der Prüfung teilzunehmen. Entsprechend eingestimmt war die Prüfungskommission bereits heute morgen. Das Ergebnis, so könnte man behaupten, stand bereits fest bevor die beiden Unterrichtsprüfungen begonnen hatten.
Ehrlich gesagt ich bin entsetzt. Vieles von dem, was ich erfahren haben, zeigten ein unschönes Gesicht der Schulpolitik, die durchsetzt ist von Machtspielen und dem Versuch, Examenskandidaten förmlich zu brechen. Zwei Beispiele aus einer Reihe von vielen Kleinigkeiten. Meine Frau musste gestern, immer noch krank geschrieben mit Magen-Darm-Grippe, den Klassenraum eigenhändig putzen, saubermachen und vorbereiten. Wie auch alle anderen Examenskandidaten und -kandidatinnen musste sie sich um das Catering für die Prüfungskommission kümmern, welches sie selbstverständlich aus eigener Tasche bezahlen muss. Man stelle sich vor, man wird zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und muss dem Personalrat erstmal zum Essen einladen, bevor er sich mit einem abgibt.
Wie gut jemand die Klasse im Griff, wie perfekt auch der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern sein mag — das zählt nur zu einem sehr geringen Teil. Ausschlaggebend ist allein die Frage, ob man den Stallgeruch hat oder nicht. Mit anderen Worten, wem die passenden pädagogischen Begriffe, die man später im Beruf eher weniger benötigt, nicht parat hat, fällt durch. So auch meine Frau. Gefragt sind offensichtlich weniger die Praktiker, sondern die Theoretiker. Wundert auch wenig, wenn man sich die Personen ansieht, die zum Teil die Lehrerausbildung übernommen haben.
Die Krönung ist jedoch die fehlende Wärme. Die Art und Weise, wie am Fachseminar mit meiner Frau umgesprungen wurde, die fehlende Empathie der Prüfungskomission, das sorgt schon für eine Gänsehaut. Würde man sich als Lehrer so gegenüber Schülern verhalten, wären einem die Beschwerden von Eltern sicher.
Verstehen kann ich und will ich nicht, warum sich unser Bildungswesen solche Missständen leistet. Die Art der Lehrerausbildung war schon immer für mich eines der Probleme, die sich letztendlich massive auf Schülerinnen und Schüler niederschlagen.
Meine Frau und ich jedenfalls werden das anstehende Wochenende genießen, so gut es geht. Im Vorfeld habe ich bereist unabhängig vom Ausgang des heutigen Tages für genügen Ablenkungsprogramm gesorgt. Sie wird den Kopf nicht hängen lassen, darum werde ich mich mit aller Kraft bemühen. Spätestens beim zweiten Versuch wird es klappen, da bin ich mir sicher.
3 Kommentare
Das sind genau die Sachen, die ich damals bei meiner Ex-Freundin und auch anderen Freunden mitbekommen habe, die mit dazu beigetragen haben, dass ich mein Examen doch nicht mehr mache. Ich wusste genau, dass ich als eingefleischter Pragmatiker damit nicht klarkommen würde.
Ich drücke die Daumen für den nächsten Anlauf!
Danke für`s Daumen drücken! Und: Du auch? Bei mir waren es genau diese Erfahrungen, die mich auch dazu bewegten, das Examen nicht zu machen.