Versetzen wir uns gedanklich zurück in eine Zeit vor 100, 150 Jahren. Das sollte reichen. Stellen wir uns vor, die wichtige Depesche eines fiktiven Landes, nennen wir es Reklerm, ist unterwegs in das Nachbarreich Dellonah. Bevor die Depesche dort ankommt, wird sie abgefangen von Spionen aus Ombrack. Heimlich liest der Herrscher von Ombrack die Depesche, lässt sie wieder versiegeln und weiter nach Dellonah. Dabei stellen sich seine Untergebenen so geschickt an, dass weder der König von Dellonah noch der Souverän von Reklerm Verdacht schöpfen.
Eines Tages verlässt ein enttäuschter Höfling Ombrack und flieht in ein weit entferntes Land. Von dort aus unterrichtet er die Länder Reklerm und Dellonah darüber, wie der Herrscher von Ombrack sie hintergangen hat. Das wäre nicht nur für Reklerm und Dellonah Grund genug, Ombrack sofort den Krieg zu erklären. Auch vor 100 Jahren noch hätte das in der ganz realen Welt ausgereicht, einen Krieg zu entfesseln. Zumindest in dieser Hinsicht sind wird mittlerweile größtenteils zivilisierter geworden.
Das Ausspionieren anderer Länder freilich findet noch statt. Sogar unter solchen Statten, die angeblich als „befreundet“ gelten. Der mutmaßliche Lauschangriff auf Mobilfunktelefone der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die Dienste der Vereinigten Staaten von Amerika ist mehr als nur ein Skandal. Es ist ein untragbarer Vorgang. Das Mindestes ist sofortige und umfassende Aufklärung über den Vorgang. Vor nicht langer Zeit hat der ehemalige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, Merkel vorgeworfen, ihren Amtseid, der auch beinhaltet, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, verletzt zu haben. Damals ging es bereits um Ausläufer der Überwachung und Spionage durch den NSA. Dieser Vorwurf ist aktueller den je.
Wie kann die Bundeskanzlerin Schaden von uns abwenden, wenn sie nicht mal in der Lage ist, sich selber zu schützen? Schlimmer noch als diese Frage ist eine SPD, die sich von ihrer Rolle als starke Opposition verabschiedet hat und sich handzahm auf die Rolle als Koalitionspartner vorbereitet. Das gibt einen Eindruck davon, was sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes künftig unter durchregieren vorzustellen haben. Als Wähler kann man zurecht das Vertrauen an das politische System in Frage stellen.