Ob ein freiwilliger Verzicht, beispielsweise auf gewisse Konsumgüter, eine Tugend ist oder nicht, darüber kann man philosophieren. Bei der Kinderarmut in Deutschland ist das weder notwendig noch angebracht, denn sie ist traurige Realität.
Welches Alter die Leserbriefschreiberin aus Schloß-Holte Stukenbrock in der Neuen Westfälischen hat, ist mir nicht bekannt. Da ich nicht weiß, ob sie nach dem Krieg in Armut aufgewachsen oder ein wohlbehütetes Kind reicher Eltern ist, kann ich auch nicht beurteilen. Die Aussage vom CHEF, dass man nicht seine eigenen Maßstäbe und Erfahrungen an andere anlegen sollte, lasse ich daher unkommentiert.
Nicht zurückhalten kann ich mich jedoch in Bezug auf die Leserbriefschreiberin, die den Bericht in der NW über die zunehmende Kinderarmut auch in Bielefeld mit folgenden Worten kommentierte:
Verzicht ist eine wichtige Erfahrung fürs Leben
Eine solche Aussage ist nah dran, menschenverachtend zu sein. Wenn Kinder nicht mehr an Klassenfahrten teinehmen können, ist das sicher eine Erfahrung, aber vor allem eine demütigende. Natürlich bedarf es nicht immer der neusten Designer Jeans oder eines High End Computers. Aber auch Kindern von Eltern ohne oder mit nur gringem Einkommen sollte ein möglichst breites Freizeitangebot zur Verfügung stehen.
Ein Waldspazirgang ist zwar ganz nett, ersetzt aber unter Umständen nicht wirklich den Kinobesuch. Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ist auch für Kinder wichtig. Wer immer nur verzichten muss, erfährt Ausgrenzung. Die Erfahrung für das Leben ist dann die, dass unsere Gesellschaft nicht daran interessiert ist, Ungerechtigkeit zu beseitigen und ungleichmäßige Startbedingungen, so weit es geht, auszugleichen.
Eine Antwort