Die Sonntage in diesem Monat werden, so unterschiedlich sie auch sein mögen, eins gemeinsam haben: den Besuch des Gottesdienstes in der Altstädter Nikolai-Kirche, deren Gemeindemitglieder Nadine und ich im Januar geworden sind. Wir beide haben festgestellt, wie gut uns der Besuch tut. Auch über den Sonntag hinaus gibt es einige Anknüpfungspunkte, um uns ins Gemeindeleben einzubringen.
Von dieser Perspektive her betrachtet, hat der Verkauf der Paul-Gerhardt-Kirche letztendlich auch eine positive Seite. Damit sind wird dann aber gleich schon wieder bei einem Dauerthema von mir, bei dem ich nicht schweigen, nicht wegschauen kann – wie denn auch, wenn das Gebäude direkt von unserem Wohnzimmer aus zu sehen ist.
Nach dem langen Gezerre, nach den hoffen und bangen hatte leider doch die Unvernunft gesiegt und die Kirche wurde an die jüdische Gemeinde veräußert. An eine Gemeinde, in der es mindestens ebenso heftigen Widerstand gegen den Kauf gegeben hat wie bei uns gegen den Verkauf. Ende Februar gab es in der jüdischen Gemeinde offensichtliche Gemeindewahlen, bei denen die bisherige Leitung, insbesondere die Vorsitzende Irith Micheselsohn, abgewählt wurde. Seit dem haben die Kritiker des Kaufs die Oberhand. Obwohl der Umbau, bei dem auch zahlreiche gesunde Bäume sinnlos gefällt wurden, bereits im vollen Gange ist, scheint alles wieder offen zu sein.
Mit den Mitgliedern der ehemaligen Paul-Gerhardt-Kirche werden bereits Verhandlungen geführt. Bei allen Fördergeldern für den Kauf des Gebäudes ist wohl auch jemanden aufgefallen, dass eine solch großes Gebäude auch unterhalten werden muss. Die Kosten dafür dürften nicht gerade gering sein.
Recht unschön in Zusammenhang mit der Abwahl von Frau Micheselsohn war es, dass sie, wie in der Neuen Westfälischen berichtet wurde, unmittelbar nach ihre Niederlage die Schlösser zum Gemeindebüro hat austauschen lassen, um es ihren legitim gewählten Nachfolgern so schwer wie nur möglich zu machen.
Wenn Menschen die Argumente ausgehen, scheint dies wohl üblich zu sein – wir erinnern uns: auch bei der Paul-Gerhardt-Kirche wurde von der der evangelischen Kirche versucht, die vermeintlichen Besetzer durch den Austausch der Schlösser zur Kapitulation zu nötigen.
Der gesamte Fall es jetzt endgültig am Tiefpunkt angekommen. Es ist zu befürchten, dass am Ende alle verlieren werden und das Gebäude weder eine jüdische Synagoge noch ein christliches Gemeindezentrum sein wird, sondern genauso verfällt wie zuvor der menschliche Umgang miteinander.
4 Kommentare
In diesem Zusammenhang scheint das Wort „Nächstenliebe“ wirklich zu einer hohlen Phrase zu verkommen.
Gott sei Dank gibt es aber Gemeindemitglieder, Dich eingeschlossen, die über dieses Geplänkel hinausblicken. Damit wird auf jeden Fall die Vernunft siegen, da bin ich mir sicher.
„Paul Gerhardt“ ist eine evangelische Kirche. Ganz klar. Die Nikolai-kirche klingt nach katholisch. Wechselst du bei solchen Gelegenheiten die Konfession?
Nein, die Kirche ist evangelisch. Meine Konfession zu wechseln, käme für mich nicht in Frage.
ooch. die katholiken sind auch nicht verkehrt (zwinker)