Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Werktags Fernsehen über sich ergehen zu lassen, grenzt schon fast an Lobotomie. Das Gehirn wird durchgespült von Sendungen, die sich in der Mehrzahl im Gerichtszahl abspielen oder von Fernsehauftritten zerstrittener Paare, die sich vor laufender Kamera wüste Beschimpfungen um die Ohren hauen.

Gestern dann ein Selbstversuch, um die Letzte Trotzburg der Fernsehunterhaltung, den Samstag Abend, unter die Lupe zu nehmen. Einen Teil der monatlichen GEZ-Gebühren wird pünktlich um 20:15 Uhr in der ARD verprasst. Nicht nur jenseits von Gut und Böse, sondern auch jenseits der Genfer Konventionen bewegte sich Das Herbstfest der Volksmusik. Es muß irgendwo noch Schurkenstaaten auf der Welt geben, die diese Beiträge in Auftrag geben und zur Folterung von Häftlingen einsetzten. Hecktisch weiterschalten. Noch eine Musiksendung, diesmal auf Pro Sieben: Die 100 nervigsten Bands

Gut, über Geschmack lässt sich streiten. Aber bitte doch nicht mit C-Klasse Promis. Einem wie Ingolf Lück, dessen Zeit schon längst abgelaufen ist, dabei zu zusehen, wie er Bands wie Nirvana oder BAP basht, finde ich nicht witzig, sondern allenfalls armselig. Ohne die zum Teil guten Muiksclips wäre die Sendung eine ideale Grundlage für bulimisches Dauerkotzen.

Nächster Stopp beim WDR. Sieht nach gepflegter Comedy aus. Ernüchternd festzustellen, daß Stratmanns eher eine Dosis Flachsinn ist. Das wirklich Komische ist nur, daß das Saalpublikum genau aus der Personengruppe besteht, über die so fleißig Witze gemacht wird. Dankbar lacht es auch noch über sich selber in einer Weise, als ob es die Ironie daran nicht verstanden hätte.

Absprung in der Drop Zone. Wäh, riecht ein wenig nach abgestandenem Miami Vice. Die TV Movie schreibt „Nervenkitzel im freien Fall” Da ist eher was anderes im freien Fall. Durchhalten, zumindest bis die Folterprofis von der ARD fertig sind. Über eine halbe Stunde wird Volksverdummung dort überzogen. Da Wesley Snipes nicht mehr auzuhalten ist, muß halt noch das Wort zum Sonntag mit dran glauben. Merkwürdig, daß die Prediger im deutschen Fernsehen alle diesen komischen Tonfall haben. Ist aber wohl eher Absicht statt Unfall. Läuft nicht länger als fünf Minuten – zum Glück.

Letzte Station bei Deep Impact. Eigentlich nur wegen Morgan Freeman. Schon ein wenig pervers von der ARD, einen Katastrophenfilm zu senden, in dem Amerika von einer Flutwelle überrollt wird. Schön die Szene, als Elijah Wood seiner zukünftigen Frau die Hochzeitsringe zeigt. Die Großaufnahme zeigt zwei Ringe in seiner Hand.
Bei der Reporterin Jenny Lerner schleicht sich aber der böswillige Gedanke ein, daß machen Menschen genau das verdienen, was sie bekommen. In einem rührenden Anfall von Emotionen überlässt sie ihren sicheren Platz im Hubschrauber der Kollegin, von der sie noch Tage zuvor übelst gemobbt wurde – was ein Kind auf dem Arm nicht alles anrichten kann. Anschließend steht sie wieder versöhnt mit ihrem Vater am Strand. Beide lassen sich eng umarmt von der Flutwelle überrollen. Erlösung nach 110 Minuten mit einer pathetischen Wiederaufbau Rede des Präsidenten Beck (Freeman). Die Szene sollte sich Georg Bush noch ein paar mal ansehen, da kann er noch was für die kommenden Wochen lernen.

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