Es gibt Sprüche und Redewendungen aus meiner Kindheit, die aktuelle einen sehr bitteren Beigeschmack bekommen. Besonders eine davon: „sich benehmen wie die Axt im Walde“. Gerade als jemand der selber viel mit der Bahn unterwegs ist, bin ich in Gedanken bei den Opfern aus dem Regionalzug in Würzburg.
Ein Zug ist ein beengter Raum, weglaufen oder ausweichen während er Fahrt so gut wie unmöglich. Wenn man selber sitzt und jemand stürmt mit einer Axt auf einen zu, ist man in einer denkbar schlechten Position. Im Grunde chancenlos. Das es „nur“ Verletzte und keine Tote gegeben hat, gleicht da wie ein Wunder.
Keinen Toten? So ganz entspricht das nicht der Wahrheit, denn ein Mensch kam ums Leben. Der 17-jähriger aus Afghanistan stammende Angreifer. Er wurde von der Polizei erschossen, als er fliehen wollte. Mit einem Kopfschuss. Man sicher darüber diskutieren, ob die Reaktion der Polizei angemessen gewesen ist. Ein Kopfschuss setzt sicher den Täter außer Gefecht. Ob es aber die einzige Möglichkeit gewesen ist in der Situation, wird die Staatsanwaltschaft untersuchen.
Hier ist es völlig fehl am Platz, sich als Politiker einzumischen und voreilig durch eine rhetorische Frage der Polizei unangemessenes Verhalten zu unterstellen. Renate Künast von den Grünen hat sich hier definitiv nicht mit Ruhm bekleckert, aber vielleicht stammt ihrer Reaktion noch aus einer Zeit, wo für die Grünen jeder Polizist grundsätzlich verdächtig erschien.
Auf der anderen Seite kann man vom Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft ebenfalls Mäßigung erwarten. Künast wörtlich „Klugscheißerei“ vorzuwerfen, ist unangebracht. Hier hat sich Rainer Wendt im Ton vergriffen. Ebenso wie andere Politiker, die sich beeilten im Schützenhilfe zu geben.
Mein Eindruck ist, hier wird sich auf Kosten der Opfer beziehungsweise des Täters profiliert — statt Polizei und Justiz erstmal ihre Arbeit machen zu lassen. große Klappe kann anscheinend jeder, währen es einer ordentlichen Portion Einsicht bedarf, sich zu mäßigen.
Über die Hintergründe der Tat ist bisher nur wenig bekannt. Der junge Mann soll als Flüchtling nach Deutschland gekommen sein und lebte zuletzt seit zwei Wochen bei einer Pflegefamilie. Angeblich soll eine selbst gemalte IS-Fahne in seinem Zimmer gefunden worden sein — was kein Hinweis darauf ist, ob es tatsächlich eine Verbindung zu den islamistischen Terroristen gibt.
Relevant für die Untersuchung der Staatsanwaltschaft dürfte sein, in welcher konkreten Situation das Spezialeinsatzkommando den 17-jährigen erschoss. Das „auf der Flucht“ relativiert sich nämlich mit zunehmend durch Fakten angereicherte Berichterstattung. So fiel der Schuss erst, als der Täter die Beamten angriff statt sich zu ergeben. In diesem Fall hat meiner Meinung nach die Eigensicherung Vorrang.
2 Kommentare
„aber vielleicht stammt ihrer Reaktion noch aus einer Zeit, wo für die Grünen jeder Polizist grundsätzlich verdächtig erschien“ Da musst ich schmunzeln. Schaut man sich die Accounts von jungen Grünen an, so scheinen sie diese alten Zeiten mit großem Polizei-Misstrauen wieder aufzuleben.
Wollte ich so direkt ja nicht in den Raum stellen ;-)
Ich für meinen Teil vertraue erstmal immer der Polizei — beim schreiben von Krimis bekommt man gehörigen Respekt vor ihrer täglichen Arbeit.