Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Meinungsverschiedenheiten gehören zur Grundfeste der Demokratie. Das Bayerns Ministerpräsident Söder Kreuze in öffentlichen Gebäuden aufhängen lassen will, führt zwangsläufig zu Kontroversen.

Zeichen und Wörter

Dumm, dümmer — man könnte das mit bayrischen Ministerpräsidenten weiterführen. Das Aufhängen von Kreuzen ist jedoch nicht dumm, sondern eine ganz bewusste Provokation. Man kann drauf eingehen oder aber das Ganze für eine dieser typischen bayrischen Besonderheiten halten. Als letzte Möglichkeit bliebe noch, mit Zeichen und Wörtern zu spielen. Etwa Söder-Kreuze. Oder fragend „Hängt Söder Kreuze auf?“. Radikal dann etwa die Forderung „Hängt Söder auf!“. Kinderkram, sicherlich. Und es lenkt ab von der eigentlichen Fragestellung. Die ist deutlich zu kompliziert, um darüber bei Bierlaune an einem Stammtisch zu diskutieren.
Ganz grundsätzlich liegt Söder nicht falsch. Wenn Söder Kreuze aufhängen lassen will mit dem Verweis ihre prägende Wirkung für dieses Land, so lässt sich das nicht einfach vom Tisch wischen. Obwohl es vielen Atheisten in Deutschland nicht gefällt, ist dieses Land dennoch vom Christentum geprägt. Zudem gibt es keine echte Trennung von Kirche und Staat. Man merkt es unter anderem daran, dass der Staat die Kirchensteuer eintreibt. Wer etwas tiefer wühlt, findet auch das nach wie vor gültige Reichskonkordat von 1933, welches die Beziehung des deutschen Staates zur katholischen Kirche regelt.

Söder Kreuze

MichaelGaida / Pixabay

Söder Kreuze versus Christentum

Hinzu kommen eine ganze Reihe christlicher Feiertage, die je nach Bundesland gesetzliche Feiertage sind. Über den stillen Feiertag Karfreitag wird dabei oft genug gestritten, dann an ihm gilt ein generelles Tanzverbot. Ist auch eigentlich klar, denn wer frisch ans Kreuz genagelt wurde, kann schlecht tanzen. Einfach rumhängen ist aber am Karfreitag erlaubt. Scherz beiseite: ich persönlich finde das Tanzverbot ok. Der springende Punkt ist nicht, ob man glaubt oder nicht. Sondern ob man vom Feiertag als freien Tag profitiert oder nicht. Wäre aber an dieser Stelle ein anderes Thema. Zurück zum Kreuz mit Herrn Söder.
In der heutigen Süddeutsche Zeitung gab es einen klugen Gastkommentar von Friedrich Wilhelm Graf darüber, warum Söder Kreuze besser nicht aufhängen lassen sollte. Sehr deutlich die Diagnose von Graf:

Die bayerische Staatsregierung treibt mit einem Glaubenssymbol Schindluder.

Genau das ist auch für mich der springende Punkt. Es geht Söder nicht um das Kreuz als christliches Glaubenssymbol, sondern darum, möglichst öffentlichkeitswirksam andere Menschen auszugrenzen. Vornehmlich alle die, die keine Christen sind. Genau gesagt die, die keine bayrischen Katholiken sind. Mit Christentum und christlicher Nächstenliebe hat das alles nichts zu tun. Wer Flüchtlinge an der Grenzen wieder in Kriegsgebiet zurück schicken will, über Obergrenzen faselt, für den reduzierte sich Christ sein nur auf oberflächliche Folklore. Wenn Söder Kreuze aufhängt, ist das eigentlich nur noch pervers.

2 Kommentare

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