Ursprünglich wollt eich es bei einer Randnotiz zum Krimi „Rassenwahn“ von Jörg Gutmann belassen. Allerdings habe ich den Krimi jetzt, gegen jede Versumpf, zu Ende gelesen. Menschen, die selber nie vorhaben zu schreiben, kann ich von dem Buch nur abraten. Es ist einfach nur der schlechteste Krimi, der mir bisher untergekommen ist — auch wenn ich in der Überschrift etwas vorsichtiger geworden bin, denn ganz nach unten scheint es noch Luft zu geben. Wer sich als reine Leser den Krimi zu Gemüte führt, verschwendet Lebenszeit. Bei der Anzahl an deutschsprachigen Neuerscheinungen gibt es wirklich besseres.
Für (Krimi-)Autoren allerdings ist das Werk von Gutmann ideal. Man kann dran lernen, wie man es auf jeden Fall nicht machen sollte. Herr Gutmann kann man nur empfehlen, zumindest mal einen der zahlreichen Schreibratgeber zur Hand zu nehmen. Die Fehler im Buch sind wirklich Legion. Was ich wirklich schade finde, denn aus dem ursprünglichen Thema, Rassenwahn und Lebensborn, hätte sich einiges machen lassen.
Die Fehler, die Gutmann unterlaufen sind, verteilen sich auf mehren Bereich. Stil, Sprache, Wortwahl. Dazu kommen dann noch logische Fehler und Dinge, die einfach nur falsch sind. Teilweise erhält man den Eindruck, der Autor wüsste bereits ein Kapitel später nicht mehr genau, was er zuvor noch geschrieben hat. Ganz ehrlich, man kann auch mit vergleichsweise geringen Aufwand den Überblick behalten.
Aus der Unzahl an Notizen von mir habe ich mal ein „Highlights“ rausgesucht, damit man einen Eindruck davon bekommt, was ich meine. Vorab noch zwei Erklärung: Martin Pohlmann ist die Hauptfigur, ermittelnder Kriminalbeamter. Auf Seitenzahlen bei den Quellenangaben habe ich verzichtet, da ich den Krimi als E-Book gelesen habe (was mich auch dran hinderte, das Buch zwischendurch vor Wut gegen die Wand zu werfen).
Fangen wir mit ein paar falschen Begriffen beziehungsweise Wörtern an.
Martin drückte die Stopp-Taste […]
ich habe Kollegen, Freunde und Bekannte gefragt. Sogar einen mir völlig unbekannten Mitreisenden, der neben mir mit seinem Smartphone saß. Niemand, wirklich niemand bezeichnet die rote Taste an seinem Mobilfunktelefon als Stop-Taste. Auflegen, genau das macht man damit, auch wenn Bezeichnung sich auf Telefone bezieht, die noch einen Hörer hatten zum auflegen.
Eine Message durch eine Feder?
In dem Kontext ist die Verwendung von Anglizismen völlig unpassend, wirkt sogar verstörend.
Vergleiche sind etwas, was Jörg Gutmann überhaupt nicht beherrscht.
Er fühlte sich matt und leblos wie eine fortgeworfene Bananenschale.
Großartig daneben auch das bereits in meiner Randnotiz erwähnte Beispiel:
Ein Gedanke, schneller als der Neuronenbeschuss in einem Reaktor, fand Zugang zu seinem Bewusstsein. Hatte Vater nicht auch so eine Prothese bevor er starb?
Richtig nervend wird es an den Stellen, wo der Autor eindeutig wertend schreib. Wo auch keine seiner Figuren Position bezieht, sondern Jörg Gutmann selber.
[…] ein gigantischer Perserteppich, an dem die an der Armutsgrenze lebenden Knüpfer sicher ihr gesamtes Leben verbracht hatten.
Gerne präsentiert Gutmann auch Informationen aus der Kategorie „Unnützes Wissen“, welches selbst in einem Lokalkrimi etwas zu viel ist:
Vorbei an Hamburg-Harburg, obwohl Harburg im eigentlichen Sinne kein südlicher Stadtteil von Hamburg war. Fragte man Harburger, waren sie eben Harburger und nicht Hamburger. Ein kleines, aber nicht unwichtiges Detail!
Genau das Detail ist in dem Kapitel völlig belanglos, da die Hauptfigur lediglich ein einziges Mal am Harburg mit dem Auto vorbeifährt.
Immer wieder stolpert man auch Fehler im zeitlichen Ablauf. Da parkt der Kommissar vor dem Bundesarchiv („Gegen 10.45 Uhr parkte Pohlmann den blauen Wagen vor dem Bundesarchiv“) in Berlin, geht rein, spricht kurz mit einer Dame am Empfang und plötzlich sind fast zwei Stunden („Er blickte auf die Uhr. 12.30 Uhr.“) vergangen. Auch die Figuren wissen manchmal nicht, an welchem Tag sie etwas bestimmtes gesagt haben. Ein Mobilfunktelefon, welches aus dramaturgischen Gründen und weil sicher wirklich sicher ist, weder Empfang noch Restakkuladung hatte, ist kurze Zeit später wieder wie auf magische Weise aufgeladen.
Oftmals wird einfach etwas behauptet, ohne das der Leser es nachvollziehen kann.
Sie duzten sich seit Feldmanns Besuch im Krankenhaus.
Die entsprechende, für die Handlung eigentlich nicht unwichtige Szene, fehlt.
Wirklich hässlich wird der Plot in Bezug auf den Täter. Das man als Leser bereits nach dem ersten Drittel des Buches weiß, wer er ist, kann mal passieren. Zudem gibt es auch Autoren, die in der Lage sind, dies absichtlich zu offenbaren um die weitere Handlung noch spannender zu machen. Was aber meines Erachtens völlig unnötig ist, sind die Folterszenen. Hier scheint sich Gutmann richtig reingesteigert zu haben. So detailliert wie er es tut, muss man die Szenen nicht ausschmücken. Aber selbst darüber kann man streiten. Unbestritten bleibt jedoch, dass damit der gesamte Plot endgültig absäuft. Die Folterung von Martin Pohlmann verpasst dem Krimi eine Schlagseite, von der er sich nicht mehr erholt. Im Grunde haben die Folterszene auch keinerlei Berechtigung. Insbesondere deshalb nicht, weil das ursprüngliche Thema, dabei völlig aus den Augen verloren wird. Das Versprechen an den Leser wird nicht eingehalten. Sorgfalt bei dem, worüber der Autor eigentlich schreiben wollte, wäre angebracht gewesen.
Das Ende des Krimis ist dann, sofern man bis dahin wirklich durchgehalten hat, unbefriedigend. Im Epilog bekommt man einen offenen Handlungsfaden präsentiert:
Es ist Klaus Schöller, den wir gefunden haben, und eines ist sicher: Er ist nicht freiwillig baden gegangen.
So was kann man vielleicht in Groschenromanen machen. Ein guter Krimi hat so was jedoch nicht nötig. Martin Pohlmann, der Jammerlappen von Hauptfigur, ist jemand, über den man kein zweites Mal etwas lesen möchte
Das Fazit habe ich bereits einleitend gebracht. Ich bleibe jedoch dabei, dass es sich für Autoren lohnt, den Krimi zu lesen. Er gibt Mut, mit wie wenig man offensichtlich einen Verlag zu finden in der Lage ist.