Ohne Lange Worte hier mein Brief zum Thema „Bundeswehreinsatz im Inneren” – vielen Dank noch mal an Jens fürs Gegenlesen.
„Steter Tropfen höhlt den Stein“
Sicher ist dir das Sprichwort bekannt. Ebenso wie es dem Stein geht, kann es auch dem Grundgesetz passieren. Auch wenn nur Kleinigkeiten geändert werden, können diese auf Dauer das Grundgesetz aufweichen, verwässern. Der jetzt beschlossene Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist so ein Tropfen. Sicher gibt es sinnvolle Änderungen und Ergänzungen, welche die Demokratie und die Rechte der Menschen in diesem Land stärken – ein Einsatz der Streitkräfte im Landesinneren dürfte aber wohl kaum dazu gehören und steht im Widerspruch zur ursprünglichen Intention des Grundgesetzes.
Als Mandatsträger im Deutschen Bundestag muss du dir daher die Frage gefallen lassen, vor welchem Hintergrund, mit welcher Begründung diese Änderungen angestrebt wird.
Gibt es eine konkrete Bedrohungslage? Wenn ja, ist die Polizei, in deren Aufgabenbereich die Innere Sicherheit fällt, nicht in der Lage, dieser Gefahr zu begegnen?
In der Wahrnehmung der meisten Bürger haben wir eine Polizei, die eine hervorragende Arbeit leistet. Eine aktuelle Bedrohungslage ist nicht erkennbar – es kann natürlich sein, dass der Staat und seine Vertreter hier deutlich mehr wissen.
Sofern es aber keine konkrete Bedrohung gibt, besteht nicht die Notwendigkeit, vorauseilend das Grundgesetz einer möglicherweise nie eintretenden Lage anzupassen.
Interessant ist, im welchem Rahmen denn ein Einsatz der Streitkräfte erfolgen soll und womit dies begründet wird.
So soll zum Beispiel der Einsatz der Luftwaffe nur dann erfolgen, wenn ein entführtes Flugzeug ausschließlich von Terroristen besetzt ist. Wie wahrscheinlich ist das? Ist es nicht so, dass Terroristen bewusst Flugzeuge mit Passagieren, die sie als Geisel nehmen, entführen? Würden sie es künftig nicht erstrecht mit Geiseln entführen, um einem Abschuss zu entgehen? Letztendlich läuft es darauf hinaus, das die Tür für einen Abschuss einer entführten, vollbesetzten Passagiermaschine geöffnet wäre. So wird die Staatsräson über das Leben der Passagiere gestellt, deren Rettung einer der obersten Ziele sein sollte.
Als SPD-Mitglied hat mich besonders die Erklärung der Vertreter meiner Partei im Koalitionsausschuss entsetzt, die ich heute morgen der Presse entnehmen konnte:
„Die Sozialdemokraten werten diese Einigung als ihren Erfolg, weil sie damit deutlich weitergehende Pläne insbesondere von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verhindert hätten.“
Ohne breite Zustimmung der SPD-Mandatsträger wäre weder eine weitreichende noch die derzeitige Änderung am Grundgesetz möglich, da die notwendige Zweidrittelmehrheit fehlt!
Als Genosse und Mandatsträger im Deutschen Bundestag fordere ich dich daher auf, der geplanten Änderung des Artikel 35 des Grundgesetzes nicht zuzustimmen und dich offen gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren auszusprechen.