Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Fahrradfahrer trifft den ADFC Emden

Als Fahrradfahrer fühlen sich manchmal auch Autofahrer am Sonntag. Für andere ist es allerdings ein Lebensstil.

Aus Abiturient wird Fahrradfahrer

Seit über 30 Jahren bin ich autofrei — freiwillig, obwohl ich im Besitz eine gültigen Führerscheins bin. So was muss man ja nach wie vor betonen, da es auch andere Gründe gibt, warum man kein Auto fährt. Mit dem Führerschein hat im Grunde genommen alles angefangen. Damals wurde der Grundstein gelegt, warum ich lieber Fahrradfahrer geblieben bin.

Als Land-Ei hätte ich eigentlich schon mit 18 Jahren einen Führerschein gehabt, beziehungsweise gemacht. Bei mir wurde es „etwas“, da mein Vater damals eine Bedingung stellte. Er hätte mir den Führerschein bezahlt, wenn ich im Gegenzug einen Tanzkurs besucht hätte. Nun den, schon damals zeigte ich eine Neigung, Erpressungsversuchen und schlechten Deals kritisch gegenüberzustehen.

Es war dann mein Großvater, der mir ohne Bedingungen den Führerschein bezahlt. Zum Abitur gab es dann lediglich eine Entscheidungsfrage für mich von ihm. Entweder würde er mit einem Gebrauchtwagen finanzieren und somit mein erstes eigenes Auto. Oder ein Trekkingrad. Da ein vierwöchiger Radurlaub in Schottland geplant war, musste ich nicht lange nachdenken.

Nach diesem Urlaub ging es zum Studium nach Bielefeld, wo sich für mich nie der Bedarf eines eigenen Autos ergab. Irgendwie ließ sich alles auch ohne Auto erledigen. Das traf dann auch zu, als ich viele Jahre später mit meiner Frau nach Köln zog.

Autofreie Siedlung Nippes

Auch wenn man als Fahrradfahrer in Köln etwas gefährlich lebt als in Bielefeld, blieb ich weiter hin Fahrradfahrer und Fußgänger. Durch den Umzug innerhalb Kölns in die autofreie Siedlung in Nippes wurde daraus dann auch bewusster Lebensstil. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich mich nichtmehr rechtfertigen für den Umstand, kein Auto zu haben. Natürlich ist so eine autofreie Siedlung trotz Tiefgaragen für Fahrräder kein Paradies, wie jedes kleine „Dorf“ hat auch eine autofreie Siedlung ihre ganz eigenen Probleme.

In der autofreien Siedlung kamen wir auch zum ersten Mal in Kontakt mit dem ADFC, da der Vorsitzende des Nachbarschaftsvereins aktives Mitglied fort war. Dennoch ergab es sich irgendwie nicht, selber Mitglied im ADFC zu werden. Im Studium war ich mal längere Zeit Mitglied im VCD, als ich mir noch alle Möglichkeiten der Mobilität offen halten wollte.

Als meine Frau und ich den Umzug nach Emden planten, stand wurde das Auto wieder ein Gesprächsthema. So ganz ohne in einer sehr ländlich geprägten Ecke Deutschlands schien eine Herausforderung zu sein. Mit vielen Jahren Abstand zur Fahrpraxis stand fest, dass ich in jedem Fall eine Auffrischung bei einer Fharschule brauchen würde. Dann kam Corona und der Umzug nach Ostfriesland.

In der Autostadt ohne Auto

Die Auffrischung meiner Fahrpraxis erledigt sich durch Corona erstmal. Unser neues Zuhause hatten wir zudem so gewählt, dass wir im Alltag alles mit dem Fahrrad bewältigen konnten. Dabei stellten wir dann in den ersten Jahren fest, wie gut es selbst in Emden ohne Auto geht. Man muss allerdings dazu sagen, dass ich im Homeoffice arbeite und meine Frau (die keinen Führerschein hat) mit dem Fahrrad 10 Minuten bis zur Schule benötigt. Einkaufsmöglichkeiten sind auch extrem für einen Fahrradfahrer erreichbar, selbst bei schlechtem Wetter.

Als es im Herbst 2023 dann Richtung Eigenheim ging, hatten wir uns erneut in unserer Autofreiheit eingerichtet. Wir suchten ganz bewusst nach einem Haus für uns, bei dem wir eine Garage für die Fahrräder mit direktem Hausanschluss haben würden. Zudem mussten die Einkaufsmöglichkeiten auch wieder innerhalb unseres Radius liegen. Was soll ich sagen, das ist uns dann auch beides gelungen. Wir wohnen zwar in einer Siedlung mit vielen VW-Mitarbeitern und gelten als Exoten, aber das sind wir bis auf Jahre in der autofreien Siedlung schon gewohnt.

Der ADFC in Emden

Bereits Anfang 2021 stellte sich bei uns die Frage, ob eine Mitgliedschaft im ADFC nicht sinnvoll wäre. Wir stellten dann allerdings fest, dass es im Emden keinen ADFC mehr gab, da sich der Kreisverband Emden aus Altergründen aufgelöst hatte — das bestätigte uns dann auch noch ein ehemaliger Kollege meiner Frau, der im alten Kreisverband aktiv gewesen war. Damit schlief bei uns das Thema ADFC wieder ein.

Durch eine E-Mail von der VHS-Emden wurde ich vor ein paar Wochen aufmerksam auf die Veranstaltung „Radfahren – Die Wissenschaft dahinter “, die am Weltfahrradtag (dieses Jahr am 3. Juni) stattfinden sollte. Das Thema hört sich interessant an und Fahrradfahrer bin ich schon etwas länger. Also meldete ich mich an, ohne das Kleingedruckte zu lesen — einer der Vortragenden sollte nämlich jemand vom ADFC Emden sein.

Positiv überrascht war ich dann letzte Woche Dienstag, dass es den ADFC Emden wieder gab. An mir ist das komplett vorbeigegangen, als im letzten Jahr die Neugründung erfolgte. Mit Sicherheit hat das weniger mit der „Berichterstattung“ in der Emder-Zeitung zu tun als mit dem Umstand, dass ich die Emder Zeitung oder eine andere lokale Tageszeitung nicht lesen. Und in der Süddeutschen Zeitung wir nur selten über Ostfriesland berichtet, zuletzt wieder im Zusammenhang mit der Gasbohrungen vor Borkum.

Wie dem auch sei, letzten Mittwoch füllte ich dann direkt online einen Mitgliedsantrag aus. Dürfte auf jeden Fall spannend werden. Ach ja, einen Tanzkurs habe ich nach wie vor nicht besucht.

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