Niemand schluckt gerne Kröten. Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist trotz allem ein guter Kompromiss.
Steine im Weg
Ab heute dürfen wir Genossinnen und Genossen über die Annahme des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und der SPD abstimmen. Bereits in den vergangene Tagen hat der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz erneut ganze Arbeit geleistet, um die Jusos in ihrer ablehnenden Haltung zu bestärken. Merz hob hervor, dass die im Koalitionsvertrag aufgeführte Senkung der Einkommenssteuer für kleine und mittlere Einkommen nicht fix sei. Ebenso gäb es nicht automatisch einen Mindestlohn von 15 Euro. Steine im Weg für Selbstabholer könnte man das nennen.
Darüber hinaus gibt es von den Jusos unter anderem Kritik an der geplanten Abkehr vom Bürgergeld so wie den Plänen zur Migrationspolitik. Ganz ehrlich, liebe Jusos: Gerade in diesen beiden Punkten kann ich euch sehr gut verstehen. Es sind beides Themen, die mir selber am Herzen liegen. Zeitweise war ich nichtmehr SPD-Mitglied aufgrund der Petersberger Beschlüsse.
Was das Bürgergeld angeht, bin ich schon seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten ein Befürworter des Bedingungslosen Grundeinkommens. Missbrauch beim Bürgergeld kann man wohl vernachlässigen und selbst wenn, steht der in keinem Verhältnis zu den Steuertricksereien der Vermögenden — meiner Meinung nach.
In beiden Punkten, Bürgergeld und Migration, ist der ausgehandelte Koalitionsvertrag eine ziemliche Kröte. Zudem man es das Verhalten von Merz wirklich nicht leicht, mit ja zu stimmen. Steuergeschenke wird es nicht für diejenigen geben, die es wirklich brauchen.
Für die Annahme des Koalitionsvertrag
Es gibt viele Punkte im Koalitionsvertrag, über die man trefflich streiten kann. Etwa über die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf 7 Prozent. Das ist ein Steuergeschenk für die Gastronomie. Es wird niemand ernsthaft glauben, dass die Senkung in irgendeiner Weise an die Gäste weitergegeben wird, oder?
Trotz allem habe ich heute Morgen für die Annahme des Koalitionsvertrags gestimmt. Warum? Um es mit den Worten der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sagen: Weil es alternativlos ist.
„Opposition ist Mist.“, sagte mal Franz Müntefering, als es ebenfalls um die Abstimmung über einen Koalitionsvertrag ging. Das sah ich damals anders und würde auch heute noch die große Koalition nicht als Gewinn für die SPD bezeichnen. Es hat uns immer Stimmen gekostet.
Folgen der Ablehnung
Zu der kleinen Koalition aus Union und SPD gibt es keine Alternative. Wobei, natürlich gibt es sogar mehr als eine Alternative, aber es sind keine Optionen, die uns Sozialdemokraten gefallen. Wenn der Koalitionsvertrag abgelehnt wird, wird es wohl kaum neue Verhandlungen gebe. Also bleiben:
- Neuwahlen
- Koalition der Union mit der AfD
- Minderheitsregierung der Union
Der Weg zu Neuwahlen ist möglich, dauert aber und kostet Geld. Schlimmer noch, es würde die AfD noch stärker machen. Die CDU-Wähler zum Beispiel werden allein den Kurswechsel von Friedrich Merz bezüglich der Schuldenbremse abstrafen.
Eine Koalition der Union mit der AfD ist rechnerisch möglich, wäre aber politischer Selbstmord für CDU und CSU. Es bleibt eine Minderheitsregierung der Union, wohl auch mit Tolerierung durch die AfD — für den Preis, das auch Themen der AfD umgesetzt werden. Meiner Meinung nach ist das die wahrscheinlichste Option.
Wir sollten uns bei allen drei Optionen immer vor Augen halten, dass wir die zukünftige Regierung mit 1 Billion ausgestattet haben. In so einer Situation keine SPD-Beteiligung an der Bundesregierung zu haben, ist ziemlich unklug. Zumal die SPD bei Annahme des Koalitionsvertrags genau so viel Ministerposten erhält wie die CDU, trotz eines historisch schlechten Wahlergebnis.