Die Ergebnisse der Bundestagswahl 2025 sind zumindest ein Ende mit Schrecken. Wobei nur wenige vom Ausgang wirklich überrascht sein dürften.
Is’ egal jetzt, oder?
Seit der Aufkündigung der Ampelkoalition durch die FDP unter ihrem Vorsitzenden Christian Lindner nahmen meine Sorgen bezüglich der nächsten Bundesregierung kontinuierlich zu. Der Wahlkampf wurde mehrfach unschön überschattet. Anschläge auf Menschengruppen in Deutschland, die zum beherrschenden Wahlkampfthema wurden. Der Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump und ein neuer Kurs der USA, den man wohl zu Recht als Epochenwechsel bezeichnen kann.
Sich abzeichnende Deals, bei denen die von Russland angegriffene Ukraine auf der Strecke belieben wird. Genauso wie europäischen Staaten, für die möglicherweise die Sicherheitsgarantien durch die USA inklusiv nuklearer Schutzschirm entfallen werden.
Gleichzeit wurde der Wahlkampf mit zunehmender Nähe zum Wahltag lauter und schriller. Die sich versprochenen Sachlichkeit und Fairness blieb auf der Strecke. In seinem letzten Wahlkampfauftritt sprach der CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz von „irgendwelche(n) grünen und linken Spinner auf dieser Welt“, für die er keine Politik machen werde. Man kann das auch so, es möglicherweise gemeint war, als Angriff auf SPD und Grüne verstehen. So eint man nicht die Bevölkerung, sondern spaltet sie.
In der Berliner Runde gestern Abend in der ARD verteidigte Merz seine Aussage. Von der ZDF-Moderatorin Bettina Schauster darauf angesprochen, entgegnete der Robert Habeck von den Grünen nur mit einem „Is’ egal jetzt, oder?“.
Überhaupt die Berliner Runde. Aber dazu komme ich gleich noch mal, schauen wir uns erstmal das offizielle amtliche Endergebnis der Bundestagswahl 2025an.
Ergebnisse der Bundestagswahl 2025
Freuen könnte man sich im Prinzip über die außerordentlich hohe Wahlbeteiligung von 82,5 % — so viel wie seit 1998 nicht mehr und 6,1 % mehr als bei der letzten Bundestagswahl. Allerdings haben fast 2 Millionen bisherige Nichtwähler die AfD gewählt. Bei den jungen Menschen kam die AfD dennoch nur auf den zweiten Platz, klarer Favorit war dort die Linke.
Eine ziemliche Hängepartie bei der Bundestagswahl 2025 gab es für FDP und BSW am Wahlabend. Schaffen beide Parteien oder eine von ihnen den Einzug in den Bundestag oder nicht — davon hing auch ab, welche mögliche Koalitionen es geben könnte. Eine Koalition zwischen SPD und CDU/CSU wäre nur möglich, wenn sowohl FDP als auch BSW draußen bleiben. Greifen wir aber nicht vor, hier sind die nackten Zahlen:
- SPD 16,41 % (-9,29 %)
- CDU/CSU 28,52 % (+4,32 %)
- Grüne 11,61 % (-3,09 %)
- FDP 4,33 % (-7,07 %)
- AfD 20,8 % (+10,4 %)
- Linke 8,77 % (3,87 %)
- BSW 4,97 % (+4,97 %)
- Sonstige 4,59 % (-4,11 %)
Die Union von CDU und CSU darf sich als Wahlsieger der Bundestagswahl 2025 fühlen, auch wenn sie das bisher zweitschlechteste Ergebnis seit 1949 erzielten. Deutlicher Wahlverlierer ist die SPD. Bundeskanzler Olaf Scholz gestand am Abend bereits seine Niederlage ein und betonte, dass er nicht für ein Amt innerhalb der neuen Bundesregierung zur Verfügung stehe. Er sei für das Amt des Bundeskanzlers in den Wahlkampf gezogen.
Nur Verlierer?
Ebenfalls deutlich verloren hat die FDP, deren Vorsitzender Christian Lindner noch trotzig meine, die FDP habe die Ampelkoalition vorzeitig beendet, um Deutschland einen Neustart zu ermöglichen. Das sei ein Dienst an dem Land gewesen, für den die FDP teuer bezahlt haben. Nun ja. Es gibt sicher auch andere Sichtweise. Sonntagnacht kündigte Lindner dann seinen Rückzug als Vorsitzender der FDP an. Damit passt zumindest der Wahlslogan der Liberalen: „Alles lässt sich ändern“.
Das neue angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht scheiterte an der Fünfprozenthürde und wohl auch an den Ambitionen der Parteigründerin. Die machte sich am Wahlabend rah und ließ sich in der Berliner Runde nicht blicken. Anders als von mir erwartet schafften es die Linke nicht nur, wieder in den Bundestag einzuziehen, sondern bekamen auch noch Stimmen dazu. Gut für die Linke, schlecht für das BSW.
Die Grünen mussten wie SPD und FDP als Teil der Ampelkoalition Feder lassen, verloren aber nicht so viel wie ihre beiden ehemaligen Koalitionspartner. In der bereits erwähnten Runde Berliner Runde machte meiner Meinung nach Robert Habeck auch eine gute Figur. Sehr deutlich sprach er an, welche tatsächlichen Problem dringend bewältigt werden müssen. Europa wartet nicht, der Krieg in der Ukraine geht ungehindert seit über drei Jahren weiter.
Was die AfD angeht, kann man sich damit trösten, dass es hätte schlimmer kommen können. Meiner Meinung nach ist ein Wahlergebnis 20,8 Prozent schon ziemlich schlimm. Vor allem in Osten von Deutschland ist die Partei bis auf wenigen Ausnahme deutlich stärkste Partei geworden. Auch wenn Friedrich Merz als wahrscheinlich künftiger Bundeskanzler eine Zusammenarbeit in der Berliner Runde nach wie vor kategorisch ausschloss und die Unterschiede betonte, wird sich die starke AfD im Bundestag bemerkbar machen. Sie setzt in jedem Fall auf ein Scheitern von Merz und ein vorzeitiges Ende mit vorgezogenen Wahlen — aus denen würde sie dann noch stärker hervorgehen.
Ohne Anstand und Wahrheit
Was mich bereits zu Beginn der Berliner Runde zur Bundestagswahl 2025 erschreckt hat, war der fehlende Anstand der AfD-Vorsitzenden Alice. Sie war die einzige, die auf die Begrüßung hin nur den Mund verzog und nicht mit „Guten Abend“ oder „Grüß Gott“ reagierte. Der Tiefpunkt ihre Äußerungen am Abend war dann die Anmerkung, hinsichtlich des Kriegs in der Ukraine seit die Schuldfrage bisher zu einseitig gestellt worden. Etwas verklausuliert brachte sie dann zum Ausdruck, die Ukraine sei historisch betrachtet schließlich mal ein Teil von Russland gewesen. Recht deutlich reagierte dann Robert Habeck: „Das ist einfach eine Lüge!“. Auch Markus Söder von der CSU wies Weidel in die Schranken. Schade eigentlich, dass sich Söder und Habeck sonst nicht grün sind.
Die Hoffnungen liegen jetzt auf einer Koalition von CDU/CSU und SPD — wobei man hier nicht mehr von einer Großen Koalition wie in der Vergangenheit sprechen kann. Möge sie, wenn sie zustande kommt, vier Jahre halten und als Ergebnis die AfD schrumpfen lassen.