Ungezügelte Meinungsfreiheit ist eine Gefahr für die Demokratie. Oft werden Meinungen mit Fakten verwechselt.
Freiheit hat Grenzen
Vergangenen Donnerstag gab es einen Live-Talk zwischen Elon Musk und Alice Weidel. Beide Person muss man wohl nicht mehr im Detail vorstellen. Es ist wohl auch nicht untertrieben, wenn man von Schützenhilfe US-Milliardärs für die AfD-Chefin im Rahmens des Wahlkampfes ihrer Partei in Deutschland spricht.
Den Live-Talk gab es ganz ohne Journalisten, die wohl mit berechtigten kritischen Zwischenfragen gestört hätten, auf der Plattform X von Musk. Zur Erinnerung: X ist das, was von Twitter überblieb, nachdem es Musk aufgekauft und zu seinem persönlichen Spielzeug und Tummelplatz für Demokratiefeinde gemacht hat.
Zum Gespräch gibt es einen Faktencheck von tagesschau.de: Falschaussagen von Migration bis Nationalsozialismus
Hitler als Kommunist zu bezeichnen, ist schon recht befremdlich. Das lässt sich nicht mal anhand des Begriffes Nationalsozialistisch ableiten, denn der sogenannte Sozialismus der Nazis bezog sich auf den arischen Volkskörper als Ganzes. Die nach der Machtergreifung noch einzige Person, die tatsächlich antikapitalistisch war in der NSDAP, Gregor Strasser, ließ Hitler 1934 ermorden. Aber das nur am Rande.
Mir stellt sich angesichts so eines Live-Talks die Frage, ob Meinungsfreiheit nicht auch ihre Grenzen hat. Schließlich sind die Äußerungen von Alice Weidel nicht als satirischer Beitrag im Rahmen der Kunstfreiheit zu verstehen.
Für bedingte Meinungsfreiheit
Als gesichert dürfte dagegen gelten, dass es in der USA nicht erst seit Donald Trump eine andere Auffassung von Meinungsfreiheit und Fakten gibt. Jüngstes Beispiel ist Meta, dessen Chef Marc Zuckerberg in einem Akt des Kniefalls vor Donald Trump angekündigt hat, zahlreiche Regeln für seine Plattformen wie unter anderem Facebook abzuschaffen oder zu lockern. Künftig darf man daher wohl Homosexualität als Geisteskrankheit bezeichnen. Wäre ja laut Zuckerberg Zensur, wenn man so eine „Meinung“ unterdrücken würde.
Meiner Meinung nach hat Meinungsfreiheit, wie jede andere Form der Freiheit auch, Grenzen. Zum Glück sieht das die Europäische Union (zumindest derzeit noch) genau so. Der Digital Services Act ist unsere Brandmauer.
2 Kommentare
Der Artikel wirft Fragen zur Meinungsfreiheit auf, doch ich teile die Forderung nach einer Einschränkung nicht. Zwar ist es richtig, dass Worte verletzen und Hass schüren können und außerdem Unwahrheiten verbreitet werden, doch die vorgeschlagene Beschränkung birgt aus meiner Sicht große Gefahren.
Wer definiert die Grenzen des „Erlaubten“? Schnell landen wir in einer Situation, in der unliebsame Meinungen, die vielleicht unbequem oder provokant sind, einfach mundtot gemacht werden. Ich fürchte, es gibt dafür längst zahlreiche Beispiele.
Jede Demokratie lebt aber vom offenen Diskurs und der Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen.
Du bringst gute Beispiele, dass bestimmte Äußerungen die Demokratie gefährden. Doch ist es nicht viel gefährlicher, wenn der Staat die Meinungsfreiheit einschränkt und damit die Tür für Zensur und Willkür öffnet? Der Grat zwischen dem Schutz der Demokratie und der Unterdrückung abweichender Meinungen ist schmal.
Statt uns auf Verbote zu konzentrieren, sollten wir lieber in Bildung und Aufklärung investieren. Menschen müssen lernen, kritisch zu denken, manipulative Informationen zu erkennen und sich im Diskurs mit anderen auseinanderzusetzen. Marina Weisband findet, wir müssen uns für die nötigen Prozesse einfach nur Zeit lassen. Vielleicht ist das sogar die bessere und erfolgversprechendst Methode, mit dem umzugehen, was ich nur noch asoziale Netzwerke nenne?
So sollten wir eine resiliente Demokratie schaffen, die auf Meinungsfreiheit und auch (was diese Gesellschaft häufig vergessen zu haben scheint) Toleranz basiert.
Ein weiterer Punkt: Du erwähnst die Gefahr durch Propaganda der Demokratiefeinde. Doch gerade der Versuch, diese zu unterdrücken, kann erfahrungsgemäß doch dazu führen, dass sie sich im Untergrund verbreiten und noch stärker wirkt („Streisand-Effekt“). Offener Diskurs und Gegenrede sind die besseren Waffen im Kampf gegen Extremismus. Das ist anstrengend. Ich fürchte im öffentlichen Ansehen, nehmen wichtige Institutionen schon jetzt Schaden, während wir noch über die richtige Haltung debattieren.
Ich stimme zu, dass Hass und Hetze keinen Platz in unserer Gesellschaft haben dürfen. Doch die Antwort darauf kann nicht die Einschränkung der Meinungsfreiheit sein. Wir brauchen andere Wege, um diesen Problemen zu begegnen, ohne die Grundfesten unserer Demokratie zu gefährden. Vom DSA bin ich überhaupt nicht begeistert. Hoffentlich finden wir einen guten Weg. Mir scheint es eher so, als schneide sich die EU auch im Wettbewerb mit den anderen ins eigene Fleisch. Du kennst sicher Lobos hübsches Gedicht zum Thema. Europa hat vielleicht die am besten regulierte KI. Aber ist es das, was wir wirklich brauchen? Ist unser Selbstbewusstsein schon so geschrumpft, dass wir so etwas brauchen?
Den Satz „Das muss unsere Demokratie aushalten.“ finde ich mittlerweile ziemlich blauäugig. Ebenso wie die Position, man müsse sich gür die nötigen Prozesse einfach nur Zeit lassen. Genau die Zeit haben wir nämlich schlicht nicht mehr. Die AfD wird mit hoher Wahrscheinlichkeit stärkste Oppositionspartei nach der Wahl im Bundestag sein, mit entsprechenden Konsequenzen. In Sachsen sitzt die AfD bereits im Kontrollkommission, welches den dortigen Verfassungsschutz kontrolliert, welcher die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft hat.
Wie lange wollen wir noch zusehen? Bis die ersten von uns in Lagern verschwinden? Bis die erste Remigrationswelle rollt?
Und was Bildung angeht: Die macht keine besseren Menschen. Sowohl Joseph Goebbels als auch Alice Weidel haben studiert…