Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Emsige Autofahrer sind eher selten mit der Bahn unterwegs. Darunter leidet dann auch ihr Rechtsverständnis.

Silberhochzeit mit Sternen

Auf den Tag genau sind meine Frau und ich heute 25 Jahre verheiratet. Früher wurde aus diesem Grund in der Verwandtschaft Silberhochzeit gefeiert. Für mich als Kind und auch noch als Jugendlicher waren die Paare, die Silberhochzeit feierten, vor allem schon alt. Nun sind wir selber alt, manchmal noch etwas schwer zu glauben.

Gefeiert wird heute nicht, wir waren stattdessen am vergangenen Wochenende in Bremen und haben am Samstag in einem Sternerestaurant gegessen. Ist ja schließlich so was wie unser eigener Verdienst, solange zusammen zu sein.

Aber eigentlich wollte ich darüber nicht schreiben, sondern über die Bahnfahrt. Auf der Bahnfahrt hin habe ich den Roman „Altes Land“ von Dörte Hansen angefangen. Wie schon die nachfolgenden Bücher von ihr, „Mittagsstunde“ und „Zur See“ ist auch dieser Roman etwas, was mich zumindest sofort in den Bann zieht. Selbst Bahnverspätungen gehen an einem spurlos vorbei, weil man seinen Gedanken in der Elbmarsch unterwegs ist.

Auf der Rückfahrten stiegen in Oldenburg zwei Männer in den Zug, die sich auf den freien Vierer uns gegenüber setzten. Worüber sie sich leise unterhielten, bekam ich nicht mit. Fest vertieft in „Altes Land“ wurde ich erst bei der Fahrkartenkontrolle aus dem Roman gerissen.

Typisch Autofahrer

Meine Frau und ich waren mit dem Niedersachsenticket unterwegs, welches ich auch noch mal zur Sicherheit ausgedruckt hatte. Man weiß ja nie, ob nicht plötzlich der Akku vom Handy schlapp macht. Als ich dem Zugbegleiter meinen Personalausweis zeigen wollte, meinte diese gutgelaunt „Nö, passt schon“.

Seine Laune änderte sich dann bei den beiden Männern gegenüber. Nummer eins hatte seinen Fahrschein am Automaten gekauft und nicht gelesen, dass das der Fahrschein vor Fahrtantritt zu entwerten ist. Kann einem als Autofahrer ja schon mal passieren. Auf seinen Fehler vom Zugbegleiter angesprochen betonte er dann sehr deutlich, dass er ja sehr selten Bahn fahren würde. Mit einem Unterton, als würde man gerade erklären, warum man aus dem Supermarkt gegangen ist ohne zu bezahlen, weil sonst ja immer die Frau einkaufen würde man das nicht kenne.

Der Zugbegleiter stellte dem Autofahrer dann zwei Optionen zur Auswahl. Entweder den Fahrschein erneut zu erwerben oder Ausweis. Gut, das mit dem Ausweis war eventuell für Muggel vielleicht nicht deutlich genug.

Nummer eins zückte seinen Ausweis und fragte erste, wofür dieser gebraucht würde, als der Zugbegleiter ihn bereits in der Hand hatte. Daraufhin wurde es laut. Der Mann versuchte, dem Zugbegleiter den Ausweis aus der Hand zu reißen, was nicht ohne Körperkontakt ablief.

Kürzen wir die unschöne Szene an dieser Stelle etwas ab. Nach zwei Stationen mit dem Regionalexpress hatten die beiden Männer ihr Ziel bereits erreicht. Der Zugbegleiter stieg mit aus (was den Zug aufhielt), um die Personalien aufzunehmen. Nummer eins drohte, der Zugbegleiter würde noch von ihm hören, schließlich sei seine Frau Richterin. Darüber amüsierte sich dann bei der Weiterfahrt das ganze Abteil.

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