Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Lepenisten haben in Frankreich die erste Runde der Parlamentswahlen gewonnen. Ein Blick in den Abgrund.

Welt im Wandel

Die Welt ist nicht plötzlich im Wandel. Der (Um-)Bruch begann, fand schon viel früher, schleichender statt. Es ist wie mit dem Frosch, der im warmen Wasser sitzt und nicht bemerkt, wie die Temperatur langsam erhöht wird — bis er bei lebendigem Leibe gekocht wird. Eines Morgens werden wir aufwachen und merken, wie Deutschland in einen hässlichen braunen Käfer verwandelt wurde. Ein Bild, das so nicht stimmt. Wir sehen die Vorzeichen, wollen sie aber nicht zur Kenntnis nehmen oder aber haben bereits resigniert.

Die Ergebnisse der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich sollten niemanden überraschen, der nicht in den vergangenen Monaten hinterm Mond gelebt hat. Eigentlich sollte es selbst Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron überraschen. Kaum vorstellbar, dass er nach dem Desaster (mit deutlichem Stimmenzuwachs von Marine Le Pens Rassemblement National)der Europa-Wahl ernsthaft geglaubt haben könnte, die Franzosen durch vorzeitig ausgerufene Neuwahlen wieder auf Spur zu bringen.

Ein radikaler politischer Wechsel in Frankreich hätte in jedem Fall Auswirkungen auf Deutschland und Europa — die Stabilität der Europäischen Union würde gefährdet werden.

Überall ist Frankreich

Mit Sorge blicke ich auf den kommenden Herbst. Frankreich ist überall, könnte man sagen. So sieht es derzeit auch in Deutschland nicht besonders gut aus. Während in Frankreich die Rechten fernab der Städte stark geworden sind, ist es bei uns in Deutschland der Osten, wo die AfD bei der Europa-Wahl Mehrheiten holte. Ein böses Omen für die Landtagswahl in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September. Björn Höcke, ein bereits zweimal wegen Nazi-Parolen verurteilter AfD-Politiker Ministerpräsident von Thüringen?

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht.
(Heinrich Heine)

Große Sorgen bereitet mir auch die Präsidentschaftswahl im November in den USA. Sofern nicht ein Wunder passieren wird (und danach sieht es verdammt nochmal nicht aus), wird Donald Trump die Wahl gewinnen. Eine Katastrophe für die Demokratie in den USA mit massiven weltpolitischen Auswirkungen. Das wird sowohl die NATO als auch Europa schwächen und Despoten wie Putin stärken.

Hier muss man, ähnlich wie bei Macron, den US-Demokraten und vor allem dem derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden eine gewisse Fahrlässigkeit attestieren. Das Beharren von Biden an einer erneuten Präsidentschaftskandidatur und die mangelnde Bereitschaft, rechtzeitig einen jungen frischen Kandidaten ins Rennen zu schicken schadet dem Land. Mit seinem Verhalten spielt Biden Trump in die Hände. Von einem erfahrenen Politiker, der Joe Biden unbestritten ist, hätte ich mehr Weitsicht erwartet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner