Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Der neue türkische Präsident wird der bisherige sein. Recep Tayyip Erdoğan gewann gestern die Stichwahl in der Türkei knapp.

Stichspiele

Zu den Konstanten in meinem Leben als Brettspieler (was Kartenspiele mit einschließt) gehören Stichspiele. Ehrlich gesagt liebe ich Stichspiele. Während ich an Rommé weniger gute Erinnerungen habe (es hängt mir zum Halse raus), liebe ich nach wie Tichu und würde auch stets bei einer Partie Karriere Poker nicht nein sagen.

Vergangenen Donnerstag lernte ich das Kartenspiel Wizard kennen — ist bisher komplett an mir vorbeigegangen. Nach 10 Runden tat es mir ganz gut, mal zur Abwechslung wieder ein Spiel gewonnen zu haben. Stichspiele kann ich. Offensichtlich kann aber auch der bisherige türkische Präsident Erdoğan Stichspiele, denn er gewann gestern, wenn auch knapp, die Stichwahl in der Türkei.

Auf Recep Tayyip Erdoğan fielen 52,1 % der Stimmen, der Gegenkandidat Kemal Kılıçdaroğlu erhielt lediglich 47,9 % und damit lediglich 3,1 Prozent mehr als im ersten Durchlauf.

Die wohl deutlichste Reaktion auf den Sieg von Erdoğan zeigte die Landeswährung Lira. Der Kurs im Verhältnis zum US-Dollar fiel auf ein historisches Tief. Mit anderen Worten, die Wirtschaft im Land und vor allem ausländische Investoren haben kein Vertrauen in den alten und neuen Präsidenten. Für die Menschen in der Türkei bedeute es, weiterhin mit den Folgen heftigen Inflation leben zu müssen. Hinzu kommt noch ein autokratischer Präsident.

Magier Erdoğan

Beim Kartenspiel Wizard gewinnt die erste ausgespielte Zauberer-Karte immer den Stich. Mir kommt Erdoğan wie ein Magier, der immer gewinnt, weil er zuerst da ist und das Feld besetzt. Ja, es gibt auch bei dieser Stichwahl wieder Vorwürfe und Klagen. Ganz sauber scheint es nicht zugegangen zu sein. Nach wie vor glaube ich allerdings nicht an Wahlmanipulation im großen Stil, sondern bin überzeugt, dass Erdoğan seine Anhänger einfach überzeugt.

Allerdings machen seine Anhänger gerade einmal die Hälfte der türkischen Bevölkerung aus. Genau hier ist die Bruchkante, die Gesellschaft in der Türkei ist gespalten. Die nächste Amtszeit des Präsidenten wird, so ist zu befürchten, mehr an Repressionen für seine Gegner bedeuten.

Gewählt wurde er aber auch von in Menschen mit türkischem Pass, die in Deutschland leben. Also eine Gruppe von Menschen, die nicht die Konsequenzen aus der Stichwahl tragen muss. Zu Recht kritisiert der deutsche Bundesagrarminister Özdemir dieses Stimmverhalten. Allerdings sind die Ursachen für das Stimmverhalten auch im Versagen der deutschen Politik gegenüber Migranten zu suchen. Dazu kommt eine Haltung des Wegschauens und gewähren Lassens. Die Diskussion um die Ausbildung der Imane ist hier als ein Beispiel zu nennen.

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