Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Traditionelle italienische Küche ist laut dem Historiker Alberto Grandi vor allem ein Marketing-Coup für Rezepte der Neuzeit.

Niederländische Küche

Mit authentischer Landesküche ist das so eine Sache. Vermeintlich ursprüngliche Gerichte haben eine ganz andere Entstehungsgeschichte als man denkt. Ernüchtern sei das vor allem laut einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung von diesem Wochenende für die italienische Küche. Aber der Reihe nach. Gestern beim Friseur plauderte ich mit der Auszubildenden, die mir die Haare wusch. Sie erzählte mir, sie sei für den Abend nach Groningen eingeladen zum Essen gehen. Ob ich und die anderen Kunden den irgendwelche Tipps hätten, wo man denn gut essen gehen könnte.

Eine schwierige Frage, daher antwortete ich mit einer fiesen Gegenfrage. Ob sie denn wüste, wo es in anderen Ländern niederländische Restaurants geben würde. Französische und italienische Küche, darüber stolpert man in vielen Ländern.

Betroffenes Schweigen im Salon. Es mag gehässig klingen, aber meiner Meinung nach ist die niederländische Küche zumindest im Ausland nicht für besondere kulinarische Genüsse bekannt. Versöhnlich sei angemerkt, dass es wohl so ähnlich auch für die deutsche Küche gilt.

Natürlich hat jedes Land seine Spitzengastronomie, in der Nähe von Groningen etwa das Restaurant de Molenaar. Aber landestypische Küche, die im Ausland beliebt ist — mit Ausnahme von Fritten und Frikandel?

Echte italienische Küche?

Bei der italienischen Küche sieht das völlig anders aus. Man könnte schon fast sagen, italienische Restaurants gäb es wie Sand am Meer. Genauso wie Kochbücher. Als Klassiker dürfte etwa „Der Silberlöffel: Die Bibel der italienischen Küche“ gelten. In vielen deutschen Akademiker-Haushalten findet sich das Buch in der Küche, und lädt den Hausherren zum träumen vom letzten Toscana-Urlaub bei einem Glas Rotwein ein. Vom Buch gibt es auch einen Ableger: „Die italienischen Klassiker: traditionelle Lieblingsrezepte aller italienischen Regionen“. Damit wären wir dann mitten im Thema.

In dem Buch findet sich unter anderem das Rezept für klassische Spaghetti Carbonara. Die ist allerdings gar nicht so klassisch, wie man meint. Sogar die ewige Streitfrage, ob mit oder ohne Sahne, ist eher albern, wenn es nach Alberto Grandi geht. Seiner Meinung haben das Gericht nicht italienische Köhler (carbonaio) erfunden, sondern US-amerikanische Soldaten währende des Zweiten Weltkriegs in Italien. Es wird angenommen, dass sie versuchten, eine Art schnelles und einfaches Gericht zuzubereiten, das sie aus den verfügbaren Zutaten herstellen konnten. Dabei kombinierten sie amerikanischen Speck und Eier mit Spaghetti, was zum Rezept von Spaghetti Carbonara führte.

In Italien macht sich der italienische Historiker Grandi nicht wirklich beliebt, zumal er auch an anderen kulinarischen Nationalheiligtümern wie Pizza und Parmesan rüttelt. Für mich steht auf jeden Fall fest, dass das beste Rezept für Spaghetti alla Carbonara aus Nippes stammt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner